Essen-Kettwig. Die Stadtverwaltung bedauert den „Planungsfehler“ und schlägt ein Provisorium vor, um riskante Situationen zu entschärfen. Hier die Einzelheiten.
Die Fahrradstraße am Promenadenweg gibt seit ihrer Fertigstellung im Herbst 2019 Anlass zu heftiger Kritik: Aufgrund der neuen Verkehrsführung kommt es zwischen Radlern und Autofahrern zu gefährlichen Situationen. „Das ist ein Planungsfehler“, gibt Andreas Demny, Leiter Planung und Bau bei der Stadt Essen, zu. Eine Lösung gibt es (noch) nicht. Aber ein Provisorium, das helfen soll.
In der Bezirksvertretung IX wurde am Dienstag die verfahrene Situation noch einmal dargelegt: Radfahrer dürfen in beide Richtungen auf der Fahrbahn fahren. Zusätzlich ist die Straße durch ein weiteres Schild für Autos und Motorräder mit Tempo 30 freigeben. Auf der linken Seite der Einbahnstraße befinden sich Parkbuchten, rechts ein Grünstreifen mit Baumbeeten. Nicht unwesentlicher Faktor außerdem: Zahlreiche Spaziergänger flanieren auf dem Gehweg wie auch direkt am Ruhrufer.
Die prekäre Lage war von Anfang an klar
Ins Gehege kommen sich Autofahrer und entgegenkommende Radler – für beide Verkehrsteilnehmer reicht der Platz auf der Fahrbahn nicht aus. Obwohl der Radverkehr bevorrechtigt ist, gibt es keine Ausweichmöglichkeit.
Die prekäre Lage war von Anfang an klar. Bei der Eröffnung des Seepavillons im September sei bereits von allen Seiten harsche Kritik aufgekommen, erinnert sich Daniel Behmenburg (SPD). „Das hat die Einweihung dieses wirklich schönen Anlegers überschattet.“ Auch die Polizei sah ein erhöhtes Unfallrisiko. Schnell wollte man daher von Seiten der Politik eine Nachbesserung. Spätestens zu Beginn der neuen touristischen Radsaison sollte eine Lösung umgesetzt sein – zumal die Strecke ein Teil des Ruhrtalradwegs darstellt. Doch dieser Zeitpunkt ist für 2020 lange verstrichen.
Ausbau von anderen Fahrradwegen im Stadtgebiet hatte Vorrang
Andreas Demny kann nur auf den in der Zeit des Lockdowns massiv vorangetriebenen Ausbau von Fahrradwegen („Modellstadt saubere Luft – Fahrradstraßenachsen“) im gesamten Stadtgebiet verweisen. Dort waren und sind noch Planer und Arbeitskräfte gebunden. Erst jetzt rücke die Misere in Kettwig deshalb wieder in den Fokus.
Zumindest eine Zwischenlösung soll es geben: Zwischen Bachstraße und Haus Nummer 15 soll die Markierung Gehweg (Strichmarkierung und Piktogramme) entfernt werden. Fußgänger sollen so animiert werden, statt direkt an der Ruhr entlang zu gehen, den Gehweg an den Häusern zu nutzen. Damit Radfahrer und Autofahrer sich auf querende Fußgänger einstellen können, wird ein farbiges Piktogramm auf die Fahrbahn aufgebracht.
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Den Gehweg nutzen sollen auch Radler – nämlich von Hausnummer 15 bis zur Einmündung Ringstraße. Damit werde verhindert, dass sich an der engsten Fahrbahnstelle Autofahrer und Radler ins Gehege kommen. Radler in Fahrtrichtung Bachstraße müssen wie schon in der Vergangenheit die Fahrbahn nutzen. Hier bleibt auch die Beschilderung Fahrradstraße bestehen. Diese Regelung soll längstens für ein Jahr gelten.
Bezirksvertreter befürchtet Irritationen für Verkehrsteilnehmer
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Der Weisheit letzter Schluss sei dies nicht, bekundeten alle Fraktionen in der Bezirksvertretung. Die von der Verwaltung nun vorgeschlagene Lösung könne wirklich nur vorübergehend sein. Zu befürchten seien weitere Irritationen. Bezweifelt wurde vor allem, dass sich die Fußgänger von der attraktiven Ruhruferseite auf den Gehweg locken lassen. Besondere Fahrbahnmarkierungen, so der Vorschlag von Gabriele Kipphardt (CDU), sollten Fußgänger als die schwächsten Verkehrsteilnehmer beim Straßenübergang besser schützen. Ein Vorschlag, der Zustimmung bekam.
Kettwig als Teil des Ruhrtalradwegs
Mit seinen gut 240 Kilometern lockt der Ruhrtalradweg zur Erkundung von Natur und (Industrie-)Kultur in NRW. Beginnend von der Ruhrquelle am Ruhrkopf bei Winterberg reichen die Attraktionen bis zur Rheinorange in Duisburg. In Essen wird neben der Zeche Zollverein und der Villa Hügel auch die Kettwiger Altstadt als sehenswert angepriesen.
Die Bauarbeiten zur Fahrradstraße in Kettwig begannen im April 2019. Dazu wurden drei ehemalige Grundstückszufahrten zum Scheidtschen Gelände zurückgebaut und der Gehweg plattiert. In Höhe des Fußgängerweges zur Johann-Wilhelm-Scheidt-Straße gibt es eine Querungshilfe für Fußgänger. Entlang der Straße entstanden Parkbuchten.
Das Ziel, den Radverkehr in diesem Teil des Promenadenweges vom Gehweg auf die Fahrbahn zu verlagern, soll weiter bestehen bleiben. Ob die Parkbuchten nun zurückgebaut werden müssen, um sogenanntes Hüftparken zu ermöglichen, oder es eine Fahrradstraße ohne Autos geben wird, das ist weiter offen. Zur Diskussion stehen nach wie vor die Optionen, einen Teil der Grünfläche als Fahrbahn umzubauen oder den neuen Gehweg als Radweg zu nutzen.
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