Mülheim. . Anwohner der Ruhrtalbrücke in Mintard und Ickten reagieren verhalten auf die Pläne zum Ausbau, der eine zweite Straße auf Pfeilern vorsieht.

Der Mintarder an sich lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Auch am gegenüberliegenden Ufer der Ruhr, entlang der Mendener Straße, scheint das Leben gemächlich zu fließen wie der Fluss, der die beiden Stadtteile trennt. Jetzt aber sind manche mindestens besorgt, einige gar stinksauer. Seit nämlich klar ist, dass die Mintarder Ruhrbrücke ausgebaut wird – aller Voraussicht nach mit einem zweiten Brückenbauwerk. Die Pfeiler dazu müssen irgendwo stehen – aber dort stehen Häuser oder liegen Ländereien.

Es könnten noch zehn, zwölf Jahre vergehen

Auf Mintarder Seite stehen Wohnhäuser im Schatten der Brücke.
Auf Mintarder Seite stehen Wohnhäuser im Schatten der Brücke. © Martin Möller

Wie die Weiden von Volker Neuhaus. Der 62-Jährige bewirtschaftet einen uralten Hof mit Pferdebetrieb in fünfter Generation, kann sich noch daran erinnern, wie er in den 60er Jahren als Steppke mit seinem Opa auf die neue Brücke durfte, noch bevor dort die ersten Autos fuhren. Rund 500 Meter steht sein Wohnhaus von den Brückenpfeilern entfernt, das seiner Schwester steht beinahe genau unter der Hochstraße. Neuhaus zuckt mit den Schultern: „Wir werden nicht der entscheidende Faktor sein, ob die Brücke gebaut wird oder nicht.“ Noch habe er keine schlaflosen Nächte, so ein Projekt fresse ja Zeit, alleine die europaweite Ausschreibung dürfte dauern. „Ich schätze mal, es vergehen zehn, zwölf Jahre, bis da das erste Auto drüberfährt“, blickt Neuhaus in die Zukunft. Aber: „Begeistert bin ich trotzdem nicht, die Bauphase wird sicher lang sein, und die müssen über meine Ländereien. Da wird man verhandeln müssen.“ Zurzeit liegen Weiden direkt unter und neben der Brücke, die Neuhaus für seinen Pferdebetrieb nutzt. Müsste er die aufgeben und stattdessen Flächen auf der der Innenstadt zugewandten Seite seines Hofes für die Pferde frei machen, ginge ihm Ackerland verloren. „Das wäre ein wirtschaftlicher Verlust“, sagt der 62-Jährige.

Nicht nur schwarz malen will Fred Momm, in Mintard aufgewachsen und Mitglied des Bürgervereins „Wir in Mintard“: „Für mich ist das ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite ist es schön, dass etwas getan wird gegen den Stau.“ Der Mintarder hat selbst allzu oft die Blechlawine vor dem Fenster, wenn die A 52 mal wieder verstopft ist und die Autofahrer sich Schleichwege suchen. Dass aber eine zweite Brücke aufgeständert werden soll, lässt Momm um die „schöne Atmosphäre im Ruhrtal und die ästhetisch klare Linie“ der jetzigen Brücke fürchten.

Verantwortung für Betrieb und Familie

Auch auf der Mendener Seite der Brücke stehen Häuser in unmittelbarer Nähe. Die Anwohner sind noch nicht über den Ausbau informiert worden, sagen sie.
Auch auf der Mendener Seite der Brücke stehen Häuser in unmittelbarer Nähe. Die Anwohner sind noch nicht über den Ausbau informiert worden, sagen sie. © Martin Möller

Seitenwechsel: Beinahe genau gegenüber, der Krümmung der Brücke folgend, sitzt Matthias Strengbier in seinem Büro. Hier steht das Elternhaus des 56-Jährigen, ein liebevoll hergerichtetes Fachwerkhaus, und die Halle des Betriebes für Landtechnik und Stahlbau. „Wir waren schon hier, bevor Autos fuhren“, sagt Strengbier. Irgendwann kam die Brücke, er sei damit großgeworden, man habe sich mit der überspannenden Autobahn arrangiert. „Ich fahre ja auch mal mit dem Auto Richtung Düsseldorf und weiß die Brücke dann zu schätzen“, sagt Strengbier. Was ihn aber wütend macht: „Man lässt uns total im Dunkeln, die paar direkten Anlieger könnte man doch über die Planungen informieren.“ Er fühlt sich ohnmächtig, habe keine Ansprechpartner zum geplanten Brückenausbau, aber gleichzeitig die Verantwortung für seinen Betrieb mit sechs Angestellten. Und für seine Familie, mit der er das denkmalgeschützte Elternhaus bewohnt. „Bei der Sanierung vor ein paar Jahren ist ständig Dreck auf unserem Grundstück gelandet, hat die Autos beschädigt.“ Aber Matthias Strengbier lenkt ein: „Ich will mich nicht gegen die Brücke wehren, aber mir wäre schon geholfen, wenn ich wüsste, ob es sich noch lohnt, zu investieren.“

Unklar ist, welche Kriterien die Planer ansetzen

Recht ratlos ist man auch ein paar Meter weiter. Dort liegen die Ländereien der Landwirt-Familie im Brahm. „Wir wären sowieso betroffen, weil wir Land auf beiden Seiten der Brücke besitzen, daher können wir gar nicht sagen, welche Seite uns lieber wäre“, sagt Annette im Brahm. Da die Brücke aber Richtung Mülheim eine ausgedehnte Kurve macht, meint Annette im Brahm: „Als Laie würde man ja denken, dass es einfacher und kostengünstiger wäre, an der Innenseite eine neue Brücke zu bauen.“ Welche Kriterien die Planer aber ansetzen werden, die Mendenerin weiß es nicht: „Wir sind noch nicht informiert worden.“