Mülheim. . Die Ruhrtalbrücke erhält einen parallelen Neubau, bevor die alte abgetragen und erneuert wird. Das Mammutprojekt ist ein gravierender Einschnitt.

Für manchen Mintarder darf die Planung der neuen Ruhrtalbrücke vermutlich ruhig noch etwas dauern. Schließlich wird das Mammutprojekt zunächst ein gravierender Einschnitt in die Natur, das Wohnen und den Verkehr bedeuten. Davon geht auch Straßen.NRW aus, selbst wenn es noch drei Monate dauern wird, bis alle möglichen Planungsvarianten ausgearbeitet sind. „Wir wollen die reizvolle Landschaft und die traumhafte Brückenarchitektur so wenig wie möglich verändern“, sagt Jutta Swadlo, Projektleiterin bei Straßen.NRW.

Eine Studie zur Umweltverträglichkeit ist bereits in Arbeit. Dann sollen auch die Pläne in öffentlichen Bürgeranhörungen vorgestellt werden. Aktuell mache das keinen Sinn, bis die Planer nicht alle Details geprüft haben. Es geht um der mehr als 1,8 Kilometer langen Sprung der A 52 von Ost nach West über die Ruhr und Mintard.

Drei Varianten sind aktuell in der Diskussion

Derzeit überlegt man in jede Richtung, wie man die Brücke von vier aus sechs Spuren möglichst kostengünstig und ökologisch verträglich ausbauen kann. Drei Varianten sind aktuell in der Diskussion: Entweder nördlich oder südlich des elegant geschwungenen Bauwerks eine neue dreispurige Brücke, die den laufenden Verkehr erst einmal aufnehmen soll. Danach würde das gut 53 Jahre alte Original in Teilen oder komplett abgebaut und ersetzt.

Wenn die 18 Pfeiler mit bis zu 65 Metern Höhe noch geeignet sind, eine weitere dreispurige Bahn zu tragen, würde sie dann parallel zur neuen Strecke den Verkehr in die Gegenrichtung übers Tal führen. Möglich wäre ebenso, die Pfeiler abzubauen und zu ersetzen – die dritte und wohl Variante.

Es wird zwei nebeneinander stehende Brücken geben

Nord oder Süd – das ist eine entscheidende Abwägung, denn eine Führung oberhalb bedeutet womöglich eine Beeinträchtigung des Reiterhofes, unterhalb kann es den Schweinemastbetrieb von Einhart im Brahm treffen. Erst vor anderthalb Jahren hatte er um eine Erweiterung von 700 auf 2400 Schweine juristisch gekämpft und gewonnen. Doch umgesetzt hat der Betrieb seine Pläne noch nicht.

Die Ruhrtalbrücke von unten.
Die Ruhrtalbrücke von unten. © Christof Köpsel

„Wir prüfen genau die Auswirkungen für Fauna und Flora“, verspricht Projektleiterin Jutta Swadlo. In jedem Fall aber wird es zwei nebeneinander stehende Brücken geben – mit der doppelten Anzahl Pfeiler (36) als bisher. „Natürlich wäre es ideal, die gesamte Konstruktion komplett abzureißen und verbreitert neu aufzubauen“, vermutet die Leiterin, denn die Erweiterung auf den bestehenden Pfeilern in der Höhe scheint problematisch. Über Details werde noch entschieden.

Später 80.000 Fahrzeug pro Tag

Doch wohin mit den vielen Autos der A 52? Fünf Jahre hat Straßen.NRW für das Projekt über Mintard eingeplant. Über die Kosten spricht noch keiner. Schließlich sollen 80.000 Fahrzeuge pro Tag über die neuen Brücken brausen. Die hohe Belastung der alten sorgte in der Vergangenheit für mehrere Sanierungen: 2001 – nach gut 40 Jahren – musste man den Beton der Pfeiler und Widerlager erneuern. Der Brückenüberbau wurde mit Querstreben verstärkt, um die wachsende Verkehrslast halten zu können. 14 Millionen Euro gab das Land dafür

Im Sommer 2013, musste die beeindruckende Stahlkonstruktion – sie schmückt Mülheims Postkarten als Symbol des Wirtschaftsaufschwungs – in Richtung Essen gesperrt werden: Fahrbahnübergänge wurden ausgetauscht und 25 Tonnen schwere Stahlelemente eingebaut. Weitere 11,5 Millionen soll der Eingriff gekostet haben, inklusive Asphaltsanierung von zehn Kilometern Autobahn.

Die umgeleiteten Pendler sorgten für reichlich Andrang auf der A3, der A40 und auf der Kölner Straße. Durch Saarn und Speldorf reihten sich die Blechkutschen dicht an dicht – auf der Suche nach einem Schleichweg.

>> 1966 ERÖFFNET FÜR 20.000 FAHRZEUGE

100 Millionen Mark hat die Ruhrtalbrücke gekostet. Die Planung begann 1960, der Bau 1963. Im Sommer 1966 wurde die Fahrbahn geschlossen und eröffnet. Die Brücke zählt heute noch zu den wichtigsten Projekten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Damals fuhren 20.000 Fahrzeuge täglich über das imposante Bauwerk. Heute sind es vier Mal so viele. Laut Einschätzung von Straßen NRW ist der Zustand der Ruhrtalbrücke nur noch knapp ausreichend (2,7). Sie ist in Deutschland mit 1.830 Metern die längste Straßenbrücke aus Stahl und 27,5 Meter breit.