Essen. . Beim Urteil schluchzten ihre Schwestern laut auf, nach dem Urteil brach Stera A. (23) auf dem Weg in die Zelle zusammen. Zu zwölf Jahren Haft wegen Totschlags verurteilte das Essener Landgericht die Bottroperin.
Stumm, den Kopf gesenkt, nimmt Stera A. das Urteil des Essener Schwurgerichtes entgegen. Schuldig ist sie in den Augen der Richter. Schuldig, ihre beste Freundin und künftige Schwägerin erstochen zu haben. Auf zwölf Jahre Haft erkennt das Gericht.
Das Etikett der Mörderin wird der 23-jährigen Bottroperin erspart. Auf Totschlag lautet das Urteil. Das Motiv der 23 Messerstiche, die das 23 Jahre alte Opfer Amal J. am 24. Februar 2010 in der eigenen Wohnung in Rücken, Brust und Hals trafen, blieb zwar unklar.
Streit um Abtreibung
Doch als Hintergrund sah das Gericht schon einen Streit der beiden Frauen darüber an, dass Stera A. kurz vor der Hochzeit ihres Bruders mit Amal J. eine frühere Abtreibung der Freundin öffentlich gemacht hatte. Diese hatte das bestritten, um die Hochzeit nicht zu gefährden, und stellte damit Stera A. als Lügnerin hin. Ein Streit, den Verteidiger Siegmund Benecken als „Zickenkrieg“ beschrieben hatte. Richter Andreas Labentz wies diese Formulierung zwar zurück, räumte aber ein, dass das Gericht auch nicht viel Besseres zu bieten habe.
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Von einem „Ehrenmord“, wie es anfangs in den Medien geheißen hatte, war vor Gericht jedenfalls keine Rede mehr. Labentz machte auch klar, dass es sich keinesfalls um eine geplante Tat gehandelt habe. Stera A. habe sich vermutlich mit der Freundin verabredet, um den Streit aus der Welt zu bringen. Erst in der Wohnung habe sie irgendwann aus der Küchenschublade des Opfers das Messer geholt. Dies weise nicht daraufhin, dass sie die Wohnung mit der Absicht zu dieser Tat betreten habe.
Keine Rache
Einfühlsam hatte Richter Labentz vor den voll besetzten Zuhörerplätzen zunächst das Wort an die Familie von Amal J. gerichtet. Kein Urteil könne das Opfer zurückholen, sagte er. Auch Rache sei nicht der Grund für das Verfahren. Es diene einzig dazu, die Schuld der Angeklagten festzustellen und danach eine angemessene Strafe zu finden.
Laut hatten zuvor die Schwestern der Angeklagten geschluchzt, als diese den Saal betrat und zur Anklagebank ging. Eine Justizwachtmeisterin mahnte zur Ruhe. Lautes Schluchzen war aber wieder zu hören, als Richter Labentz die zwölf Jahre Haft verkündete. Die Angehörigen des Opfers blieben dagegen ruhig und gefasst, obwohl ihre Anwälte lebenslange Haft wegen Mordes gefordert hatten. Durch das Schweigen von Stera A. werden die Verwandten nie erfahren, warum Amal J. sterben musste.