Essen. Premiere für eine Ratgeber-Stunde der unmoralischen Art: Comedian Atze Schröder hat sein neues Bühnenprogramm dem „Richtig fremdgehen“ gewidmet . Das stellte er nun in der Essener Lichtburg vor. Ein Abend zwischen Bravo für Erwachsene und Ballermann ohne Sangria-Eimer.
Pärchenabende im Kino können sich bisweilen ähnlich schwierig gestalten wie häuslicher Sex: Er will Action. Sie will was zum Kuscheln. Da ist es gut, wenn Atze Schröder, gewissermaßen das Locken gewordene Ü-Ei der deutschen Comedy, für alle was im Angebot hat. „Richtig fremdgehen“, so der Titel seines neuen Programms, ist natürlich unisex. Schamlos wie immer. Und gewohnt politisch unkorrekt.
Zur Premiere der unmoralischen Ratgeber-Stunde in der Lichtburg, wo Atze, diese unnachahmliche Kunstfigur aus Kray, jetzt ein umjubeltes Heimspiel hatte, mussten natürlich auch Experten auf dem Fachgebiet des Fremdgehens wie Bum-Bum-Becker ran. Die verstaubten Besenkammer-Witzchen zünden erstaunlicherweise immer noch, aber glücklicherweise ist Flirtprofi Atze ja auch mit anderen Ballsportarten vertraut. Die Bundesliga hält heute schließlich jede Menge Versuchungen bereit, weiß Schröder, seit statt der „Typen in der alten Puma-Buchse, die früher die Aschebahn vollgerotzt haben“ ein schnieker Pep Guardiola das Auge erfreut. Und dann noch der mit allen Werbe-Wässerchen gewaschene Bundestrainer! „In Brasilien lag so viel Nivea in der Luft, da hast du selbst beim Zugucken ‘ne weiche Haut bekommen.“
"Fingernägel schneiden keine Schönheits-OP mehr"
Körperpflege, eine wichtige Lektion dieses Abends zwischen Bravo für Erwachsene und Ballermann ohne Sangria-Eimer, ist kein unwichtiger Aspekt beim „Richtig fremdgehen“. Für viele Kerle, so der Inbegriff des Ruhri-Aufreißers, sei „Fingernägel schneiden schon keine Schönheits-OP mehr“.
Als Mann für eine Nacht muss man freilich nicht nur in Sachen Pediküre punkten. Schröder, dessen neues Programm in etwa so verläuft wie die meisten Affären, also einigermaßen verheißungsvoll anfängt und im zweiten Teil dann allmählich die Zügel schleifen lässt – schaut unerschrocken auf verbaute Figuren und behaarte Achselhöhlen, schlägt den Bogen von Sendungen wie „Extrem schön“ bis zu einschlägiger Fremdgeh-Literatur Marke „Shades of Grey“. Und lässt auch das Thema Fortpflanzung nicht aus. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sei so fruchtbar, dass sie den Pandas im Zoo als Video vorgeführt würde.
Zurückhaltung ist nicht sein Ding. Der Mann mit der Pilotenbrille, der seine Pointen so ungezügelt rausdrischt, wie er seinen Porsche beschleunigt, bevorzugt den Kickstart statt umständlicher Charmeoffensive. Und wenn der Abend am Ende doch Fahrt verliert, besinnt sich Atze eines Klassikers. Mit der Fahrt nach Hamburg, inklusive Geschwindigkeitsrekord und Polizeikontroll-Kelle, nimmt er nach zwei Stunden lässig die Ausfahrt.
Atze Schröder in der Essener Lichtburg