Essen. Tausende Essener engagieren sich im sportlichen Ehrenamt. Doch es wird immer schwieriger, Menschen für die Tätigkeiten als Übungsleiter, Trainer oder Vorsitzender zu begeistern. Die Gründe dafür sind vielfältig, fest steht aber: Ohne Freiwillige geht es auf keinen Fall.

Ehrenamtliche sind das Fundament von Vereinssport. Ohne Menschen, die sich in ihrer Freizeit engagieren, sei es als Übungsleiter, Trainer, Kassenwart oder Vorsitzender, wäre jedes nicht kommerzielle Sportangebot aufgeschmissen. Klaus Diekmann (CDU), der Vorsitzende des Sportausschusses im Rat und selbst ehrenamtlich aktiv bei der SG Schönebeck, formuliert es ganz deutlich: „Ohne Ehrenamt können sich die Vereine begraben lassen.“

Nur wird es immer schwieriger, Menschen für das freiwillige Engagement zu begeistern. Die Gründe sind vielfältig: Ein verändertes Freizeitverhalten spielt genauso eine Rolle, wie die längeren Unterrichtszeiten in den Schulen durch den Ganztagsunterricht. Wer als 16-Jähriger jeden Tag bis in den Nachmittag hinein zur Schule geht, kann schlecht um halb fünf auf dem Fußballplatz stehen und beim Training der Bambinis unterstützen. Hinzu komme oft die fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. „Es hat sich eine Mentalität breit gemacht, dass man lieber konsumiert“, sagt Dirk Kindsgrab, Grünen-Politiker und Abteilungsleiter bei Adler Frintrop. Zudem trägt der marode Zustand vieler Sportanlagen nicht unbedingt dazu bei, die Motivation bei potenziellen Freiwilligen zu erhöhen. „Wer will sich schon in einem Trümmerhaufen engagieren?“, fragt Wolfgang Rohrberg, der Geschäftsführer des Essener Sportbundes (Espo) rhetorisch.

Wie viele Menschen in der Stadt ehrenamtlich im Sport arbeiten, lässt sich nur schwer schätzen. Bei 550 Vereinen und rund 140.000 Sportlern sollten es aber mehrere tausend sein. Noch mag das reichen. „Aktuell geht es noch“, sagt Ingo Vogel, sportpolitischer Sprecher der SPD. „Viele Aufgaben im Jugendbereich werden von Vätern oder Müttern übernommen.“ Dirk Kindsgrab sieht die Situation schon bedrohlicher: „An Ehrenamtlichen fehlt es in allen Sportvereinen.“

"Die Arbeit ist schwieriger geworden"

Es ist vor allem die Position des Vorsitzenden, für die sich nur schwerlich eine Besetzung findet. Beim Traditionsverein TuS Helene sind sie gerade auf der Suche nach einem neuen Führungsduo. „Keiner drängt auf einen solchen Posten“, sagt Wolfgang Hartwig, der seit mehr als 40 Jahren bei Helene ehrenamtlich aktiv ist und nun Schluss gemacht hat mit seiner Position als zweiter Vorsitzender. Aus seiner Sicht ist es nicht nur die Angst vor Verantwortung, die Nachfolger abschreckt. „Die Arbeit ist schwieriger geworden und man bekommt überall Knüppel zwischen die Beine“, sagt Hartwig. Als aktuelles Beispiel kann man den neuen Haushaltsentwurf ansehen, nachdem die geplante Erhöhung des Sport-Etats plötzlich um 1,7 Millionen Euro geringer ausfällt. „Das ist ein fatales Signal und ein Schlag ins Gesicht“, findet Grünen-Politiker Kindsgrab. Ein Schlag, der die Ehrenamtlichen trifft. Schließlich sind sie und die Sportler es, die unter dem Reparaturstau auf Sportanlagen leiden.

Ein Verein bei dem die Suche nach Freiwilligen auch in diesen Tagen relativ gut funktioniert, ist die MTG Horst. „Bei uns klappt es noch“, sagt Geschäftsführer Jens Fröhlich. „Als großer Verein haben wir es aber sicherlich etwas leichter.“ 3500 Mitglieder und hunderte Ehrenamtliche zählen die Horster, hinzu kommen zehn hauptamtliche Angestellte. Doch auch Fröhlich beobachtet Veränderungen: „Viele wollen sich heute nicht mehr festlegen, das ist ein grundsätzliches Problem.“ Das Fundament der Sportvereine bröckelt.