Die Zahl mag man nicht glauben: Rund 200.000 Menschen zwischen Kettwig und Karnap engagieren sich ehrenamtlich, betreuen oder begleiten beispielsweise Senioren, kümmern sich um die Vorlesestunde im Kindergarten, helfen mit in der Schulbücherei, gehen mit den Hunden des Tierheims regelmäßig spazieren, machen mit im Sportverein, und sei es nur, die Nachwuchs- Mannschaft zum Auswärtsspiel zu fahren. Ohne Ehrenamtler läuft es einfach nicht, ihr Engagement macht in dieser Stadt vieles möglich, „sie ergänzen, unterstützen und komplettieren mit ihrem Einsatz viele Regelangebote der Kommune“, heißt es auch bei der Stadtverwaltung.

Ab November

Künftig möchte sich die Stadt für diesen freiwilligen Einsatz bedanken und gleichzeitig zum Ausdruck bringen, dass sie ihn wertschätzt: Eine „Essener Freiwilligenkarte“ soll ab November dieses Jahres an die Ehrenamtlichen dieser Stadt auf Antrag ausgestellt werden. In einer ersten Auflage will die Stadt 5.000 Plastikkärtchen drucken und aushändigen, so soll es heute im Hauptausschuss beschlossen werden. Im Stadtrat am 29. Oktober dürfte die Freiwilligenkarte ebenfalls eine Mehrheit finden.

„Die Idee haben wir gemeinsam mit den Ehrenamtlichen entwickelt“, sagt Christiane Heil von der zuständigen „Stadtagentur 2030“. Viele Essener, die sich engagieren, wollten nur ein Kärtchen als Beweis ihres Engagements. „Das ist wie mit dem Mitgliedsausweis von Schalke, hat ein Mann gesagt. Man hat eigentlich nichts davon, möchte ihn aber immer bei sich haben.“ So ist es auch mit der Essener Freiwilligenkarte: Automatische Vergünstigungen etwa auf Eintrittspreise, wie es in manchen Städten der Fall ist, gar freie Fahrt mit Bus und Bahn, wird es in Essen nicht geben: „Wir haben uns ganz bewusst gegen einen beliebigen Vergünstigungskatalog entschieden, und in den Workshops mit den Ehrenamtlichen war das auch die Position der Bürger“, erklärt Christiane Heil. Für viele würde die Freiwilligenkarte durch ein wie auch immer geartetes Bonussystem in die Nähe von Payback-Karten rücken: „Dann wäre es einfach nur eine beliebige Karte mehr.“

Dass eine „Anerkennungskultur“ dann aber doch mehr beinhalten sollte, als nur einen kleinen Plastikausweis, sei ebenso klar. Und so setzt die finanziell klamme Stadt einmal mehr auf Sponsoring, auf Unternehmen, Banken, Verbände & Co., die ehrenamtliche Leistungen beispielsweise als Dankeschön mit einzelnen und besonderen Vergünstigungen belohnen, die an die individuellen Tätigkeiten der Ehrenamtlichen geknüpft sind: „Das kann zum Beispiel sein, dass eine Gruppe mit Kindern, deren Begleiter die Freiwilligenkarte vorweisen können, einen Rabatt erhält.“ Ebenso könnten Sponsoren aber auch in den „Förderfonds Bürgerschaftliches Engagement“ einzahlen, aus dem wiederum kleine Projekte von Ehrenamtlichen bezuschusst werden, für die beispielsweise im Verein das Geld fehlt. „Mit einer Förderung tragen sie dazu bei, den ehrenamtlichen Einsatz zu würdigen und können mit diesem Engagement selbst für ihre Organisation, für ihre gesellschaftliche Verantwortung und für den Standort Essen werben“, heißt es in der städtischen Vorlage für den Hauptausschuss.

Das sieht man in der Politik nicht anders, in der CDU-Fraktion beispielsweise ist die Freiwilligenkarte bei einer Präsentation in der Fraktion auf große Zustimmung gestoßen: „Allein bei den Aufräumarbeiten nach dem verheerenden Orkantief Ela haben wir erlebt, wie freiwillige Helfer mit angepackt haben, um unsere Stadt von den Sturmschäden zu befreien. Ohne ihren Einsatz hätten wir es nicht so schnell geschafft, den normalen Alltag in dieser Stadt wiederherzustellen“, betont beispielsweise CDU-Parteichef und Bürgermeister Franz-Josef Britz. „Deshalb möchten wir mit der Karte die Leistung all derjenigen wertschätzen, die sich ehrenamtlich für diese Stadt und für diese Gesellschaft einsetzen und stark machen.“