Essen. . Werbende Tierschützer oder Parteien und genervte Bürger in der City: Passanten beklagen Anzahl der Stände und hartnäckige Sammler. Vorgaben gibt es durchaus, sagt die Stadt, denn die Anzahl und die Standorte seien genau festgelegt. Musiker etwa sollen alle 30 Minuten weiterziehen.
Als kürzlich eine Näherin aus Bangladesch auf der Kettwiger Straße auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen in ihrer Heimat aufmerksam machen wollte, da ging ihr Protest beinahe unter. Zu viele Tierschützer, religiöse oder politisch Engagierte reihen sich in der Innenstadt mit ihren Ständen aneinander, um Mitstreiter zu gewinnen – so zumindest der Eindruck vieler Bürger. Manche empfinden es gar als schwierig, den teils regelrecht lauernden Gesinnungstätern zu entkommen, die sich hartnäckig in den Weg stellen, damit man stehenbleiben und zuhören möge.
Jeder mag sein berechtigtes Interesse haben: Die einen wollen aufklären, Unterschriften oder Spenden sammeln – die anderen einfach nur einkaufen. „Alle fünf Meter wird von man irgendwelchen Personen, Bündnissen sowie Parteien angesprochen oder lautstark beschallt. Irgendwer will einem immer seine Meinung aufzwingen, auch wenn man das nicht möchte“, so fasst es etwa Dietmar Knoth zusammen. Hinzu kommen nun vor allem in der Vorweihnachtszeit die Sammler mit den Spendendosen. Am Straßenrand bitten Musiker mit ihren Klängen um Kleingeld. Der Essener fragt, ob die Stadt die Genehmigungen für die Stände immer allen gleichzeitig gewähren müsse.
Standorte und Anzahl sind geregelt
Nein, tut sie auch gar nicht, antwortet darauf die Stadt. Denn zumindest Standorte und Anzahl in der Innenstadt sind genau geregelt. „In der Innenstadt sind entlang der Kettwiger Straße sieben Standorte für Infostände konkret abgestimmt und festgelegt. Sollten diese bereits an einem Wunschtermin alle belegt sein, so wird mit dem Antragsteller ein anderer Termin abgestimmt“, sagt Stadtsprecher Martin Rätzke. Damit werde aus Sicht der Stadt auch dem Überangebot Rechnung getragen. Zudem könne es ja auch nicht im Interesse des Antragstellers sein, wenn neben ihm noch eine Vielzahl weiterer Infostände in der Fußgängerzone stünden.
Anmeldungen gehen an Amt für Straßen und Verkehr
Für Infostände ist eine Sondernutzungserlaubnis nach dem Straßen- und Wegegesetz NRW erforderlich. Die Erlaubnis ist beim Amt für Straßen und Verkehr zu beantragen, so Stadtsprecher Martin Rätzke. Anträge sind nicht mit Kosten verbunden.
Da es ein Grundrecht auf Information gibt, müssen für Infostände keine umfangreichen Kriterien erfüllt werden. Bei Vereinen wird Vereinssatzung und Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes hinsichtlich der Gemeinnützigkeit angefordert.
Bei den Sammelnden samt Büchsen und auch bei den Straßenmusikern sieht es hingegen anders aus, denn es gibt offenbar so gut wie keine Vorschriften, um deren Anzahl oder Einsatzort zu regeln. Dabei galt früher für die Sammler, die sich durch die Innenstadt bewegen und Passanten um Geld für Kinderprojekte oder Tierschutz bitten, durchaus eine Genehmigungspflicht. Für sie war eine Erlaubnis vom Ordnungsamt notwendig, erklärt Rätzke. Der Antrag sei aber hinfällig, denn „das Sammlungsgesetz wurde in NRW vor einigen Jahren aufgehoben. Damit ist für Sammlungen keine Erlaubnis mehr erforderlich.“
Gleiches gilt für Straßenmusiker. „In Essen werden Musiker in der Fußgängerzone geduldet, wenn sie niemanden belästigen und ohne Verstärker spielen“, sagt der Stadtsprecher hierzu. Um eine Belästigung der angrenzenden Geschäfte und Anwohner zu vermeiden wird angeraten, den Standort nach 30 Minuten zu wechseln.
Alles hat also offenbar seine Ordnung oder ist zumindest rechtens, helfen wird das den mitunter inzwischen deutlich genervten Passanten nicht. So wie Dietmar Knoth, er zumindest gesteht: „Also mir ist die Lust aufs Shoppen in der Essener Innenstadt vergangen.“