Essen. . Der Oktober ist der Monat für ausgedehnte Spaziergänge unter bunten Blättern. Besonders wenn er so golden daherkommt, wie am vergangenen Wochenende. Stimmungen im Borbecker Schlosspark – und eine Begegnung mit dem Ehepaar Frühling.

„Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde“ – mit diesen Worten beschreibt der Lyriker Rainer Maria Rilke in einem berühmten Gedicht den Herbst.

Es ist eine Jahreszeit die für Vergänglichkeit steht: Der Herbst hat den Sommer beendet und droht den Winter an. Doch er bietet auch die Chance auf die letzten warmen Sonnenstrahlen, das Licht ist so sanft wie nie – und bevor die Blätter fallen, welken sie in den tollsten Farben. Der Herbst ist ruhig, besonnen – es ist die Zeit für ausgedehnte Spaziergänge. Gerade wenn er so golden daherkommt, wie am vergangenen Wochenende.

Es ist Samstagnachmittag im Borbecker Schlosspark. Die Sonne kämpft sich durch die letzten Wolken, über dem barocken Wasserschloss strahlt der blaue Himmel. Im Wald und um den kleinen Teich herum sind viele Fußgänger unterwegs. Gemütlich, ohne Stress und Hektik. Manche sind in Gespräche vertieft, andere genießen die Ruhe und schweigen.

Begegnung mit Herr und Frau Frühling

Inmitten dieser herbstlichen Stimmung trifft man ganz unvermutet auf den Frühling. Wieglaf und Nicole aus Frohnhausen tragen zwar den Lenz im Nachnamen, doch dem Herbst können sie trotzdem etwas abgewinnen. „Die Farben sind so wundervoll“, schwärmt Nicole Frühling. Ihr Gatte sieht es ganz ähnlich. „Das Schönste am Herbst sind die bunten Blätter“, sagt er, um gleich darauf nachdenkliche Töne anzuschlagen: „Durch den Sturm ist hier viel kaputt gegangen, das bedrückt mich.“

Man sieht die Schäden überall: Im Unterholz liegen abgeknickte Äste, ein Stück den Weg hinauf fällt sogar immer noch ein umgefallener Baum ins Auge. Herr und Frau Frühling müssen jetzt weiter, Hündin Ranja will schließlich auf ihre Kosten kommen an diesem Nachmittag. Nicole Frühling fällt dann noch ein Satz zum Herbst ein: „Schade ist, dass jetzt wohl die letzten warmen Tage im Jahr sind.“

Letzter Sonnenschein

Die Borbeckerinnen Tatjana und Romina nutzten den goldenen Oktober für ein Foto-Shooting mit Laubbäumen und dem kleinen Weiher, durch den das Wasser der Borbecke fließt, im Hintergrund. „Ich verbinde den Herbst mit dem letzten Sonnenschein und einem orange-gelblichen Licht“, sagt die Fotografin Tatjana. An Kälte, Wind und den herannahenden Winter verschwenden die beiden jungen Frauen bei diesem milden Wetter keinen Gedanken.

Direkt am Schloss ist der Park eine offene, helle Fläche. Vom Kinderspielplatz dringt freudiges Geschrei herüber. Auf der Wiese spielen drei Jungs Frisbee, ihre Freundinnen haben es sich auf einem Handtuch im Gras gemütlich gemacht.

Nur die Jogger eilen

Betritt man den kleinen Wald, der hinauf zur Frintroper Straße verläuft, wird es allmählich dunkler. Auch weil die Sonne den Kampf mit den Wolken noch nicht ganz für sich entscheiden konnte. Ein paar Jogger kommen den Weg entlang, sie sind die einzigen in Eile. Ein Eichhörnchen verschwindet mit einer Nuss im Dickicht. Es wird den Winter sehr wohl schon im Kopf haben.

So wie Dirk Maskut vom Kleingartenverein Essen-Borbeck. „Der Herbst bedeutet für mich vor allem eine Menge Arbeit“, sagt er. Die Pflanzen im Garten müssen winterfest gemacht, die erste Samen für das Frühjahr ausgesät werden. Dann kommt Maskut doch etwas Positives zum Herbst in den Sinn. „Grünkohl“, sagt er. „Den erntet man erst nach dem ersten Frost.“ Der erscheint noch weit weg, als in diesem Moment aus der Gartenanlage Grillgeruch herüber in das Wäldchen wabert.

Auf einer Bank am Weiher sitzen zwei Damen, ein paar Bänke weiter hat ein älteres Pärchen Platz genommen. Wie oft haben die beiden den Herbst wohl schon gemeinsam erlebt? Auf dem Wasser schnattern Enten, die Blätter über ihnen sind gelblich verfärbt. Ein paar Tage noch, dann fallen sie auf die Oberfläche. Im Frühling sind sie wieder da.