Essen. Die Essener Zentral-Bibliothek streicht alle Mitarbeiter an der Ausleihe. Büchereinutzer müssen ihre Bücher ab Januar selbst verbuchen. Das neue System soll Zeit sparen — und dadurch auch Personal. Für den Umbau bleibt die Bücherei von 17. November bis 6. Januar geschlossen.
Nicht jedem wird die elektronische Revolution bei der Zentralbibliothek auf Anhieb gefallen, aber sie ist beschlossene Sache: Ab Januar 2015 müssen die Nutzer das Entleihen und die Rückgabe von Büchern im Regelfall ohne die Hilfe des Bibliothekspersonals erledigen. Während einer mehrwöchigen Schließungsphase ab 17. November wird die Bibliothek umgebaut und es werden rund 450.000 Bücher und andere Medien mit einem Chip versehen, der eine selbstständige Verbuchung an Terminals ermöglicht.
„Ich versichere allen unseren Kunden, dass dieses System einfach zu handhaben sein wird“, beteuert Klaus-Peter Böttger, Leiter der Stadtbibliothek. Zudem entfielen die jetzt bei Andrang unumgänglichen Wartezeiten. In Mülheim sei dieselbe Technik beim Neubau des dortigen „Medienhauses“ ohne Probleme installiert worden und werde von den Bürgern gut angenommen, so Böttger mit Blick auf mögliche Skeptiker.
Mitarbeiter sollen nur noch beraten
Die Umformatierung der Entleih-Medien und der damit verbundene Bau neuer Sicherheitsschleusen und Verbuchungsplätze wird rund 700.000 Euro kosten. Dennoch gilt das Vorhaben als Sparmaßnahme und wurde unter dieser Überschrift vor zwei Jahren vom Rat der Stadt beschlossen. Der Grund: „Fünf Stellen sollen auf Dauer wegfallen“, sagt Böttger. Wo bisher - abgesehen von kurzen Pausen - ständig fünf bis sechs Verbuchungsplätze besetzt waren, sollen es ab Januar nur noch maximal zwei sein.
Diese wenigen Bibliotheks-Mitarbeiter können und sollen aber dann eben nicht mehr die Standard-Entleihe regeln, sondern informieren, beraten und bei speziellen Problemen helfen. Laut Böttger zählt dazu etwa die Fernleihe von Büchern oder auch die Ausgabe von Großformaten oder Magazin-Beständen. „Rund 250.000 Bücher erhalten erst einmal keinen Chip, weil sie sehr selten oder gar nicht entliehen werden“, sagt Böttger. Falls nötig, würden die verbliebenen Mitarbeiter die Etikettierung dann aber nachholen, sodass jedes Buch verfügbar sei.
In Stadtteilbibliotheken bleibt noch alles beim Alten
Auch die Strafgebühr im Fall einer Überziehung muss der Büchereikunde künftig am Automaten begleichen. Nach Ansicht von Hans-Peter Böttger ein Fortschritt, da dies - anders als jetzt - dann anonym geschehen könne. Unter Datenschutzgesichtspunkten sei auch die Selbstverbuchung vorzuziehen. Nicht jeder Kunde habe es geschätzt, wenn er quasi unter Zeugen beispielsweise einen „Ratgeber Ehescheidung“ leihen wollte. Nach Wiedereröffnung der Zentralbibliothek am 6. Januar müsste aber wohl Personal zur Verfügung stehen, um den Nutzern das neue System zu erklären.
In den Stadtteilbibliotheken wird übrigens auch künftig weiter nach alter Art verbucht. „Dort wäre der Umbauaufwand wegen der deutlich geringeren Entleihzahlen einfach zu hoch“, sagt Böttger. In den Zentralbibliothek gehen pro Jahr um die vier Millionen Bücher über den Tresen, in den meisten kleineren Stadtteilbibliotheken sind es kaum 100.000.