Essen. Die Einbringung des Haushalts offenbart nicht nur erneut das Elend der städtischen Finanzen, es ist auch Auftakt eines Ringens, das zum Ritual geworden ist.

Die Einbringung des Haushalts ist in Essen traditionell die Stunde einer bitteren Wahrheit: Diese Stadt ist faktisch pleite, vom guten Willen anderer abhängig und muss inständig hoffen, dass sich unvorhergesehene Ausgaben in engen Grenzen halten. Ein Sturmtief plus ein, zwei schwächelnde Konzerne - und in der Kämmerei beginnt das große Zittern.

Wenn alles einigermaßen gut geht, ist die heillose Überschuldung zwar zum Ende dieses Jahrzehnts gebannt und in einen geordneten Schuldenabbau überführt, was keine geringe Leistung ist. Doch bedeutet dies noch lange nicht, dass Essen dann aus dem Vollen schöpfen könnte. Die Rückzahlung von Schulden wird die Stadt noch sehr lange beschäftigen, die Risiken etwa bei der Gewerbesteuer bleiben gewaltig und die Aufgaben werden parallel ja nicht weniger.

Man schaue sich nur die marode Infrastruktur an, den Zustand vieler Straßen und städtischer Gebäude, vom drohenden technischen Zusammenbruch der 30, 40 Jahre alten U-Bahnanlagen ganz zu schweigen.

Die Stunde hat geschlagen

Da mutet es fast frivol an, wenn Kämmerer Lars Martin Klieve dem Rat mit der Aussicht kommt, sich doch 2020 mal zur Abwechslung mit dem Senken von Steuern zu beschäftigen. Natürlich glaubt Klieve selber nicht, dass dieser Fall eintritt, ihm geht es um politische Pädagogik. Alles Geldausgeben geht vom Bürger aus, dem dieses vorher entzogen wurde. Steuern zu zahlen ist in Ordnung, aber ebenso ist klar, dass die Stadt und die städtischen Töchter mit diesem Geld sorgfältig und effizient umzugehen haben. Nicht nur Klieve hat seine Zweifel, ob das wirklich geschieht.

Immer noch haben ja viele nicht begriffen, was die Stunde geschlagen hat. Natürlich, man kann dem Kämmerer vorwerfen, dass er es sich einfach macht, wenn er von den städtischen Töchtern endlich einen höheren Sparbeitrag verlangt. Nur: Für jedes Beispiel des guten Umgangs mit den knappen Mitteln findet sich leicht ein anderes, welches das Gegenteil belegt. Gewiss ist etwa bei der Evag viel passiert, andererseits sind auch dort noch immer politische Kräfte am Werk, die die kostensparende Zusammenarbeit mit Mülheim und Duisburg zu hintertreiben versuchen, um ihre Pfründe zu sichern. Und nach wie vor gibt es in den städtischen Gesellschaften hie und da eine Geschäftsführerherrlichkeit, die so tut, als wäre sie nicht Teil eines darbenden „Konzerns Stadt“.

Wenn es stimmt, dass der Sparbeitrag der Töchter bei fünf Prozent der Kernverwaltung liegt, so darf man feststellen: Da geht bestimmt noch was. Und zwar ohne dass dem Bürger Wesentliches an Leistungen entzogen wird.