Essen. . Vor zehn Jahren wollte die Evangelische Kirche ihre Paarberatung in der Essener Innenstadt aus Kostengründen schließen. Christa und Joachim Böhmer gründeten eine Stiftung und finanzieren seitdem großteils den Betrieb der Beratung, die heute im Verein „Impuls“ aufgegangen ist.
Ob eine Ehe eine Krise durchsteht oder nicht, hat auch etwas mit Oberhemden und Schuhen zu tun, und es geht jetzt nicht um Bügel- oder Shopping-Klischees.
Dies ist die ungewöhnliche Geschichte der Paar-, Lebens- und Erziehungsberatung des Vereins „Impulse“, der in einem blauen Altbau in der Innenstadt sitzt und bis vor zehn Jahren zur Evangelischen Kirche gehörte. Die Kirche wollte die Beratungsstelle schließen, um Geld zu sparen, und das las Christa Böhmer in der Lokalzeitung, da sagte sie zu ihrem Mann Joachim: „Da muss man doch was machen, das darf doch nicht sein.“
Christa Böhmer war ein Scheidungskind
Böhmer ist in Essen ein Begriff. Christa Böhmer, Jahrgang 1935, und Ehemann Joachim Böhmer, Jahrgang 1932, führten von Essen aus Jahrzehnte lang eine regionale Schuhhandelskette mit zwischenzeitlich 45 Geschäften; die verbliebenen acht gingen im Jahr 2005 an die Firma Klauser; erst seit letztem Donnerstag heißt Klauser gegenüber dem Glockenspiel auf der Kettwiger Straße wieder „Böhmer“, vermutlich aus Respekt vor der Geschichte.
Christa Böhmer jedenfalls hatte als Zehnjährige miterleben müssen, dass ihre Eltern sich scheiden ließen, 1945 war das, direkt nach dem Krieg. Schlagartig hatte sie als ältestes von drei Kindern erwachsen zu werden: „Ich hab’ dann da mit dem Jugendamt verhandelt, wer von uns bei Mutter oder Vater bleiben soll.“
475 Fälle wurden im Jahr 2013 verzeichnet
Die Böhmers reagierten im Jahr 2003 auf die Nachricht von der geplanten Schließung der evangelischen Eheberatung mit der Gründung einer Stiftung: Drei Millionen Euro flossen in die Marie-Luise-Busch-Stiftung, benannt nach Christa Böhmers Stiefmutter, denn der Vater heiratete nach der Trennung neu. Das Geld kam aber nicht vom Schuhgeschäft, sondern: Christa Böhmers Vater, Walter Busch, ist der Erfinder des Oberhemdes ohne obersten Knopf und Gründer der Modekette „Walbusch“, und auch die erfreut sich auf der Kettwiger Straße mit einem großen Geschäft recht großer Beliebtheit.
Die Stiftung sorgt bis heute mit dem Zinsertrag von rund 10.000 Euro monatlich dafür, dass die Beratung stattfinden kann, dass kostenlos und freiwillig Paare eine neue Chance für sich entwickeln können oder ratlose Eltern Hilfe finden, die mit ihrem Kind nicht mehr weiterwissen. 475 Fälle wurden im Jahr 2013 verzeichnet. Weitere Geldgeber sind der Landschaftsverband, die Stadt, einzelne Spender. Sechs Pädagogen mit therapeutischen Zusatzausbildungen sind bei dem Verein „Impulse“ im blauen Altbau an der Henrietten-straße beschäftigt; der Verein ist Mitglied im Diakonischen Werk. Das heißt: So ganz hat die Kirche ihre Beratung nicht aufgegeben.