Essen. Nach dem Parteitag, der Britta Altenkamp zur neuen Vorsitzenden wählte, gibt es für die Essener SPD keine elegante Lösung in der OB-Frage mehr. Wenn Paß für die OB-Wahl 2015 noch mal aufgestellt würde, träte er als beschädigter Amtsinhaber an, (fast) jeder andere Kandidat hätte aber ebenfalls schwere Handicaps. Ein Kommentar.
Die Szenerie hatte etwas Bizarres, aber auch Demütigendes: Oben am Rednerpult skizziert die kurz darauf neu gewählte SPD-Parteivorsitzende Britta Altenkamp in kühlen Worten, wie sie sich das Prozedere für die OB-Kandidatur der SPD in etwa vorstellt. Unten in der ersten Reihe des Parteitags sitzt der Amtsinhaber und Genosse Reinhard Paß, den das ja einiges angeht, und bleibt nicht nur von Altenkamp ungenannt und unbeachtet, sondern selbst auch stumm.
Damit nicht genug: Altenkamps Frontalangriff gegen ihn wurde weder relativiert noch gar zurückgenommen und ist damit betoniert. Seine zuletzt ausgestreckte Hand - abgewiesen. Ihr Wahlergebnis hat die Machtverhältnisse aufgezeigt. 73 Prozent - das ist zwar nicht berauschend, und die wenigen Paß-Freunde im Parteitagssaal hatten daran ihren Anteil. Dafür aber dass Altenkamp den „eigenen“ OB demontiert und die Partei mit Blick auf die OB-Wahl 2015 in eine schwierige Lage manövrierte, dafür dass sie nicht den Hauch von Selbstkritik anklingen ließ, ist das Ergebnis recht ordentlich. Die Partei-Mehrheit billigt damit faktisch die Demontage des OB.
SPD hat drei Möglichkeiten
Klar ist auch: Für die SPD gibt es nach diesem Parteitag keine elegante OB-Lösung mehr. Entweder Paß wird mangels Alternativen zähneknirschend noch einmal aufgestellt - dann müsste die Parteivorsitzende der Öffentlichkeit erklären, weshalb die SPD den Bürgern eine ihrer Ansicht nach ungeeignete Person zumutet. Leicht wird das nicht.
Wahrscheinlicher ist ohnehin Variante 2: Altenkamp findet einen anderen Kandidaten, der sich jedoch erst in einer Kampfabstimmung gegen Paß durchsetzen müsste, die dabei erlittenen Verletzungen mit sich herumschleppt und auch noch das Manko des Königsmörders hätte. Sagen wir es so: Es gibt bessere Wahlkampf-Voraussetzungen. Nur bei Variante 3, einer OB-Kandidatur von Justizminister Thomas Kutschaty, wäre Paß von sich aus bereit aufzugeben. Kutschaty mag aber eben nicht.
Wenig spricht für Paß
So droht die Ära Reinhard Paß in einem unfriedlichen Desaster zu enden, woran er selbst allerdings großen Anteil hat. Der OB ist kein guter Kommunikator, er reagiert oft dünnhäutig und hat den Grundsatz missachtet, dass die Zahl der Gegner und die der Freunde in Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit sich zumindest die Waage halten sollte. Untrennbar damit verbunden sind Stichworte wie EBE-Skandal, Messe-Niederlage und fehlende Impulse für die Zukunft der Stadt. Essen stagniert, weitgehend. Sicher, das Bemühen, die Finanzen in Ordnung zu bringen, steht auf Paß’ Habenseite. Das genügt aber nicht.
Mit Britta Altenkamp hat Paß es jetzt auch noch mit einer sozialpolitisch ambitionierten Parteilinken an der SPD-Spitze zu tun, die anders als der zuletzt etwas müde wirkende Vorgänger Dieter Hilser einiges daran setzen wird, seine Sparpolitik anzugreifen.
Es wird eng für den OB. Noch enger als bislang schon.