Britta Altenkamp ist neue Vorsitzende der Essener SPD. Beim Parteitag am Samstag in der Messe stimmten von 153 Delegierten 112 mit Ja, 35 mit nein, sechs enthielten sich. Das entspricht einer Zustimmung von 73,2 Prozent. Die 49-jährige Landtagsabgeordnete folgt auf Dieter Hilser, der nach elf Jahren nicht wieder antrat.
Während Altenkamp über das Ergebnis vergrätzt wirkte, sahen andere die 73 Prozent entspannter. „Damit kann sie leben“, meinte einer aus dem Parteivorstand, der ihr nahesteht. „Wer polarisiert, bekommt eben keine 96 Prozent“. Altenkamp hatte im Juli ihre Kandidatur für den Vorsitz mit einer öffentlichen Generalkritik an der Amtsführung des OB verknüpft und Reinhard Paß („als OB die falsche Person“) die Eignung abgesprochen. Unter Parteifreunden ein ungewöhnlicher Vorgang, der auch zu parteiinterner Kritik an Altenkamp führte.
Obwohl Altenkamp nachgesagt wird, sie habe dies selbst als Fehler eingesehen, vermied sie am Samstag in ihrer Antrittsrede eine selbstkritische Andeutung, wie es Paß und seine Getreuen gehofft hatten. Sie kündigte an, die OB-Kandidaten-Frage in der SPD breit diskutieren zu wollen. „Ich glaube, dafür brauchen wir etwas mehr Zeit.“ Ein ursprünglich für November geplanter erneuter Parteitag zur OB-Kandidatur sei wohl nicht zu halten, meinte Altenkamp. Der amtierende OB saß in der ersten Reihe und hörte sich schweigend an, wie Altenkamp über das Amt sprach, ohne dabei seinen Namen zu nennen. „Ich will, dass auch künftig ein Sozialdemokrat Oberbürgermeister in Essen bleibt“, schloss sie ihre wenigen Sätze zu diesem Thema. Paß’ Aussichten, 2015 erneut Kandidat zu werden, dürften nach dem Parteitag weiter gesunken sein - so wurde es jedenfalls am Rande der Veranstaltung diskutiert. „Nur ein sehr schwaches Ergebnis für Britta wäre ein Zeichen gewesen, dass ihre Paß-Kritik in der SPD auf breiten Widerspruch trifft“, so ein Delegierter.
Altenkamp hatte für den Fall eines zu schlechten Wahlergebnisses vorgebaut und angedeutet, dass sie das Amt dann nicht annehmen werde: „Es muss ein überzeugendes Votum sein, sonst kann man diese Aufgabe nicht stemmen“, ließ sie die Delegierten wissen. Sie verteidigte ihr Vorgehen bei der OB-Frage indirekt, als sie bemerkte, es sei in Ordnung „bestimmte Diskussionen ruhig öffentlich zu führen“. Sie habe auch kein Problem mit abweichenden Meinungen - „ich nenne mal das Thema Messe“ -, sofern die Partei nach der Mehrheitsbildung geschlossen handele. Während sie Dieter Hilser anerkennend zugestand, die SPD nach den schweren Jahren des Machtverlusts und der Skandale „beruhigt und stabilisiert“ zu haben, gehe es nun darum, „eine Zeit des Aufbruchs zu versuchen“. Auf den Prüfstand gehöre etwa die traditionelle Fixierung der SPD auf die nördlichen Stadtteile. Dort habe man bei der Kommunalwahl zwar mehr Mandate, jedoch wegen der höheren Wahlbeteiligung im Süden Essens teilweise deutlich mehr Stimmen gewonnen.
Zu stellvertretenden Vorsitzenden wählte der Parteitag NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (93,6 Prozent), die Bundestagsabgeordnete Petra Hinz (77,3 Prozent) und Arno Bischof (74,5 Prozent).