Essen. Nach den anti-semitischen Vorfällen am Essener Hauptbahnhof in Folge einer pro-palästinensischen Demonstration Mitte Juli hat die Polizei bislang mehrere Dutzend Anzeigen geschrieben, darunter wegen Körperverletzung. Die meisten Anzeigen stammen von Polizisten, die bei den Demos im Einsatz waren.

Körperverletzung, versuchte Körperverletzung, Beleidigung, Zeigen und Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen, Verstöße gegen das Waffengesetz: Die Liste der Straftaten, die nach der Eskalation der pro-palästinensischen Demonstration auf dem Willy-Brandt-Platz am 19. Juli und den antisemitischen Vorfällen dort angezeigt wurden, wird immer länger.

Derzeit wertet die Essener Polizei weitere Fotos und Videos aus, die die Beamten auf dem Willy-Brandt-Platz zwischen Fußgängerzone und Essener Hauptbahnhof gemacht haben. Das Material erhalten die Essener Ermittler auch von Polizisten aus anderen Städten, die im Einsatz waren, als mehrheitlich arabischstämmige Teilnehmer der Kundgebung „Stoppt die Bombardierung Gazas“ (Veranstalter: Linksjugend Solid Ruhr) Gegendemonstranten der Kundgebung "Gegen Antizionismus und Terror“ (Veranstalter: Antifa-Gruppen, Jusos Bochum, Kreis Wesel) attackierten.

Die aktuelle Zwischenbilanz der Ermittlungen: Bislang haben die Beamten mehrere Dutzend Anzeigen gegen Teilnehmer der Pro-Palästina-Demo gefertigt, erklärte ein Sprecher des Polizeipräsidiums am Donnerstag. Die meisten Anzeigen stammen von Polizisten, die an dem Tag auf dem Willy-Brandt-Platz im Einsatz waren.

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Sie gaben unter anderem zu Protokoll, dass sie von Demonstranten beschimpft und mit Gegenständen beworfen wurden - darunter sollen beispielsweise Flaschen gewesen sein. Die Polizei ermittelt in diesen Fällen wegen Körperverletzung, versuchter Körperverletzung und Beleidigung. Einige der Beschuldigten konnten durch das Bildmaterial bereits identifiziert werden.

Vereinzelte Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz

Darüber hinaus gibt es vereinzelte Anzeigen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. Bereits im Vorfeld der Pro-Palästina-Demo auf dem Weberplatz, von der aus später hunderte Teilnehmer auf den Willy-Brandt-Platz stürmten und von der Polizei daran gehindert werden mussten, auf pro-israelische Demonstranten loszugehen, hatte die Polizei bei Kontrollen einzelne Waffen, darunter etwa Messer, sichergestellt. Diese Waffen seien, so erklärte ein Polizeisprecher, grundsätzlich bei Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen verboten.

Ermittlungen gibt es auch wegen zahlreicher Plakate und Symbole, die von Pro-Palästina-Demonstranten gezeigt wurden. Hier prüfen die Beamten, in welchen Fällen es sich um verfassungsfeindliche Zeichen handelt. Ein Video auf Youtube dokumentiert beispielsweise, wie junge Männer auf dem Willy-Brandt-Platz den Hitlergruß zeigen.

Eine Anzeige führt jedoch nicht automatisch zu einer Anklage: Polizei und Staatsanwaltschaft müssen nun prüfen, ob im Falle der jeweiligen Anzeigen ein Straftatbestand besteht.

Innenausschuss des Landtages soll sich mit Demo befassen

Zu der Pro-Palästina-Demonstration auf dem Weberplatz hatte die Linksjugend eingeladen. Als die Kundgebung vorzeitig aufgelöst wurde, stürmten zahlreiche Teilnehmer auf den Willy-Brandt-Platz. Dort hatten sich pro-israelische Demonstranten und Hamas-Kritiker unter dem Motto "Gegen Antizionismus und Terror“ versammelt. Die Polizei musste die pro-israelischen Demonstranten zu deren Schutz stundenlang einkesseln, weil die mehrheitlich arabischstämmigen Demonstranten versuchten, sie zu attackieren. Dabei sollen die Einsatzkräfte unter anderem mit Flaschen beworfen worden sein. Zudem grölten die Pro-Palästina-Demonstranten zahlreiche antisemitische Äußerungen, auf Plakaten wurde der Holocaust geleugnet.

Das Verhalten der Polizei bei den Demonstrationen hatte im Nachhinein für Kritik gesorgt: So äußerten mehrere Juso-Ortsverbände in einem offenen Brief die Frage, warum die Einsatzkräfte die Pro-Palästina-Demonstranten überhaupt bis auf den Willy-Brandt-Platz vordringen ließen. Der Innenausschuss des Landtages soll sich nach heutigem Stand am 28. August mit dem Verhalten der Polizei bei der Demo befassen.