Essen. Das neue Stück von Autor Sigi Domke „Ich bin nicht in Italien“ feierte Premiere. Es ist kein Schenkelklopfer, sondern ein leises Kammerspiel über eine verkorkste Vater-Tochter-Beziehung. Anleihen bei Becketts „Warten auf Godot“.

Man kann darüber diskutieren, ob es eine kluge Idee vom Theater Freudenhaus ist, ein Stück zu der Jahreszeit aufzuführen, in der viele sich lieber Freizeitbeschäftigungen unter freiem Himmel suchen. Wenn dann noch die Lüftung wie bei der Premiere ausfällt, schlägt man als Besucher so immerhin zwei Fliegen mit einer Klappe: Man spart sich zum einen den Saunabesuch – und zum anderen erlebt man mit Sigi Domkes „Ich bin nicht in Italien!“ eine warmherzige Komödie über eine Vater-Tochter-Beziehung mit hintersinnigem Humor und einem Schauspiel-Duo in Bestform.

Wer nun jedoch temporeichen Klamauk erwartet, wie man ihn noch aus Domkes anderem berühmten Stück mit dem Stiefel-Land im Namen, „Freunde der italienischen Oper“, in Erinnerung hat , der dürfte vielleicht enttäuscht sein: Statt Schenkelklopfer bieten der Autor und sein Regisseur Markus Beutner-Schirp ein vergleichsweise leises Kammerspiel mit feiner Charakterzeichnung.

Domkes Helden stecken in einer Warteschleife fest

Man könnte fast sagen, „Ich bin nicht in Italien!“ trägt Beckettsche Züge. Denn so wie zum Beispiel in „Warten auf Godot“ bekanntermaßen nichts passiert und die Protagonisten vom Autoren zur Handlungsunfähigkeit verdonnert sind, so stecken auch die Helden in Domkes Stück in einer Warteschleife fest, wo ihnen nichts übrig bleibt als auszuharren – wie bei Beckett sind die Figuren auf sich zurückgeworfen. Der Grund dafür ist banal: Auf einem gemeinsamen Urlaubstrip von Vater Manni und seiner erwachsenen Tochter Julia zwingt eine Autopanne die beiden, in einer Pension in einem süddeutschen Kaff einen Zwischenstopp einzulegen.

Diese Pension hat außer einem kleinen Bett und einem kaputten Fernsehkasten nichts zu bieten – nicht mal Frühstück oder einen ordentlichen Handyempfang. Und auch in ganz „Klein-Engstigen“, so der fiktive Name des allzu stillen Örtchens, gibt es nichts, was einem die Wartezeit verkürzen könnte, so dass den beiden nichts bleibt, als Mau-Mau zu spielen – und sich zu unterhalten.

Das ist gar nicht so einfach, denn schnell wird klar, dass Papi und sein Mädchen sich ziemlich auseinander gelebt haben. So strapaziert der penible Beamte, der seinen zweiten Frühling erlebt – ist der Grund für den Trip doch ein Besuch bei der Familie seiner neuen italienischen Flamme – immer mehr die Nerven der dünnhäutigen Julia.

Schauspieler füllen das Stück auf beeindruckende Weise mit Leben

Dabei hat Markus Beutner-Schirp bei der Besetzung des Zwei-Personen-Stück durchaus einen Coup gelandet: Freudenhaus-Neuzugang Wolfgang A. Wirringa und Stammschauspielerin Stefanie Otten agieren so gut eingespielt, als ständen sie schon seit Jahrzehnten auf der Bühne. Sie füllen die feine Komik, die kleinen Nickeligkeiten und die bösen Spitzen, die Domke ihnen ins dialogreiche Skript geschrieben hat, beeindruckend mit Leben.

Dabei hilft sicherlich Domkes lebensnahe Schreibe, denn hier hören die Gemeinsamkeiten mit Beckett auf: Während der Ire seine Figuren in einer künstlerisch verfremdeten Sprache reden ließ, scheint der Ruhri seinen Mitmenschen wieder richtig aufs Maul geschaut zu haben.