Essen. Der Essener Künstler Andreas Golinski macht die Innenhöfe im Museum Folkwang zum städtischen Erkundungsgebiet. Die Installation „Asche“ steht für den Norden und den Süden der Stadt.

Die Stadt kommt ins Museum. Sie hat ein paar Schlafsäcke dabei, Einkaufswagen und Mülltüten. So sieht dann Kunst aus, die sich mit dem sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umfeld auseinandersetzt. Und wir Betrachter stehen drinnen im Museum und gleichzeitig doch draußen vor der Kunst. Denn Andreas Golinskis skulpturale Innenhof-Installation bleibt eine Arbeit hinter Glas, ein spannendes Spiel von Außen- und Innenraum, vom Mit- und Gegeneinander der Material-Kontraste. Zum ersten Mal verlässt die Kunst damit die gewohnten Ausstellungssäle und setzt sich doch in direkten Bezug zum kühl-eleganten Chipperfield-Bau. Von heute an ist Golinskis Arbeit „Asche“ in den beiden Lichthöfen des Museums Folkwang zu sehen.

Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ein Essener Künstler Einzug in die erste Kunstadresse der Stadt hält. Noch seltener ist eine ortsbezogene Arbeit wie diese, in der sich der 34-Jährige ganz konkret mit den Gegebenheiten seiner Heimatstadt auseinandersetzt und das Nord-Süd-Gefälle diskutiert mit seinen nicht nur in Essen städtebaulichen Folgen.

Die Bautradition einer Stadt

Das in Kooperation mit dem Essener Kulturbüro entstandene Projekt thematisiert dabei mit soziologischem wie architektonischem Interesse die unterschiedlichen Wohn- und Lebenslagen einer Stadt. Der Norden empfängt den Besucher-Blick mit einer fast abweisenden, hohen, grauen Beton-Wand, die noch Restspuren von Graffiti-Kunst aufweist. Der südliche Lichthof ist eine Spielwiese der Baukunst mit Blöcken aus stabilem Mauerwerk, Stahl und einer Tür, die ins Unbekannte führt, vielleicht auch in den gesellschaftlichen Abgrund.

Infos zur Ausstellung

Die Arbeit „Asche“ ist vom 2. August bis zum 19. Oktober in den Lichthöfen des Museum Folkwang zu sehen.

Anlässlich der Präsentation erscheint ein Künstlerbuch.

Begleitung zur Ausstellung Asche findet am Samstag, 20. September, 15 Uhr, ein Künstlergespräch mit Andreas Golinski statt. Die Moderation hat Denis Bury.

Ungewöhnlich ist aber vor allem der Entstehungs-Prozess, der „Asche“ vorausgegangen ist. Mehr als 30 Mitarbeiter der städtischen Beschäftigungsgesellschaft „Essener Arbeit“ waren in den vergangenen Tagen im Einsatz, um die Kunst mit Bau zu realisieren. So viel Mauern, Zimmern und Hämmern war lange nicht im Museum Folkwang. Erinnert wird damit an die große Bautradition einer Stadt, in der einmal große Baumeister wie Edmund Körner und Egon Eiermann Zeichen setzten. Golinski, der in der Schweiz studiert hat und heute in Essen und Tel Aviv zu Hause ist, mauert gewissermaßen gegen das Vergessen an.

Asche hat man – oder nicht

Der international agierende Essener ist ohnehin fasziniert vom Thema der Räume, was sie zeigen und verborgen halten. Und doppeldeutig darf man schließlich auch den Titel der Arbeit lesen: „Asche“, das trifft die Abgebrannten hier genauso wie die, die viel von selbiger haben.