Essen. Ingeborg May ist ein Fußball-Fan schon seit ihrer Jugend. Das Auftaktspiel zur WM hat die 94-Jährige verpasst, weil sie im Krupp-Krankenhaus am Herzen behandelt werden musste. Dort aber war der Fernseher für ihre Augen zu klein. Das Spiel der Deutschen wird sie dank der Ärzte heute aber sehen.
Sie ist 94 Jahre und hat, wie sie betont, noch nie eine Fußball-Weltmeisterschaft verpasst. „In der Zeitung, im Fernsehen habe ich das immer verfolgt“, sagt Ingeborg May. Und ergänzt strahlend: „Als ich jung war, war ich auch eine Sportlerin, bin geschwommen, habe Tennis gespielt.“ Das 3:1-Eröffnungsspiel dieser WM, das Brasilien gegen Kroatien gewann, hätte die alte Dame auch gerne gesehen. Aber im Krupp-Krankenhaus war der Bildschirm des Fernsehers für ihre alten Augen zu klein. Ingeborg May hat ein Herzproblem und die Ärzte gebeten, ihr möglichst rasch zu helfen – damit ihr Herzenswunsch, das erste Spiel „unserer Mannschaft“ gegen Portugal nicht zu verpassen, in Erfüllung geht.
Die Mediziner haben ihn erfüllt. Ingeborg May wird am Montag ab 18 Uhr im DRK-Seniorenheim, in dem sie lebt, Löws „Jungs“ die Daumen drücken können. Dank eines kleinen „Schirmchens“ im Herzen, das man ihr im Krupp-Krankenhaus implantiert hat. Und das jetzt verhindert, dass Blutgerinnsel aus ihrem Herzen in den Blutkreislauf gelangen – und dort einen Schlaganfall auslösen. „Das war ein halbstündiger Eingriff per Katheter. Die Patientin musste ein paar Nächte bei uns bleiben und hat alles gut überstanden“, freut sich Mays behandelnde Ärztin, Dr. Ute Ruprecht. Die Kardiologin erklärt, dass Menschen mit Vorhofflimmern wie Ingeborg May ein deutlich erhöhtes Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden. „Weil sich durch diese Herzrhythmusstörung Blutgerinnsel im Herzen bilden können.“ Gelangten diese in Blutgefäße, die zum Gehirn führen, könnten sie einen Schlaganfall auslösen.
„Das sind alles Millionäre“
Ingeborg Mays „Schirmchen“ wurde an den Eingang des linken Vorhofsohres, eine Aussackung im Herzen, eingesetzt. „Eine gute Methode für Menschen, die Probleme mit Blutverdünnern wie Marcumar haben“, so die Ärztin.
Ingeborg May ist im Krankenbett schon wieder zu Scherzen aufgelegt: „Eigentlich fühle ich mich wieder so fit, dass ich bei einer Olympiade mitmachen könnte. Aber beim Hürdenlauf würde mein Rollator hängen bleiben.“ Eine alte Dame mit viel Humor – und Teamgeist. „Ich liebe Fußball und Handball, weil das Mannschafts-Sportarten sind.“ Zu Ingeborg Mays Fußball-Helden zählen Helmut Rahn, aber auch Oli Kahn, „der ja bei dieser WM als Moderator im Einsatz ist“, wie sie weiß. Den Ex-Bayerntorwart hat sie immer gerne gesehen, auch wenn die 94-Jährige nicht viel von Kahns früherem Verein hält. „Diese Bayern, das sind alles Millionäre. Bei denen geht es doch gar nicht mehr richtig um Sport.“
Bei der WM werde sie, „wenn mir nicht vorher die Augen zufallen“, natürlich auch die Spiele in der Nacht ansehen. „Meine Nachbarn im Heim störe ich nicht. Ich setze beim Fernsehen immer Kopfhörer auf.“ Ingeborg May hofft, dass „wir ins Endspiel kommen. Möglich ist schließlich alles“.
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