Essen. . Über die Familie von Intensivtäter Oleg, der rund um die Uhr für 1500 Euro täglich bewacht wird, kursieren unschöne Geschichten von zu viel Alkohol und Vernachlässigung. Die Bewacher sagen: „Er verhält sich normal.“ Sie chauffieren Oleg auch zu Verabredungen.
Der Philosophenweg hat schon länger eine zweifelhafte Berühmtheit als zentrale Achse des Bergmannsfeldes, einer tristen Hochhaussiedlung am Rande von Steele. Ganz frisch ist die zweifelhafte Berühmtheit, die ein junger Bewohner der Siedlung an diesem Freitag erlangt. Seit durch einen „Bild“-Bericht bekannt wurde, dass der gerade 14 Jahre alte Oleg Tag und Nacht von Sicherheitsleuten bewacht wird, warten hier Kamerateams auf den Intensivtäter, der vor allem in Steele und Freisenbruch zig brutale Überfälle begangen hat.
Die Stadt will die Überwachungsmaßnahme ausdrücklich nicht als „Blaupause für ähnlich gelagerte Fälle“ verstanden wissen. Eher ist sie wohl ein Akt der Hilflosigkeit, entstanden aus der „Abwägung zwischen Opferschutz und Kosten“ und flankiert von pädagogischen Maßnahmen. Die täglich 1500 Euro kommen aus dem Topf für erzieherische Hilfen. Die muskulösen Männer von Issa-Security, die vor dem Haus auf Oleg warten, haben freilich weder einen pädagogischen Hintergrund noch polizeiliche Kompetenzen.
Oleg wird von Sicherheitsleuten zu Verabredungen chauffiert
„Meine Leute haben nur das Jedermannsrecht. Wenn etwas passiert, sollten sie mögliche Opfer beschützen, rufen aber sofort die Polizei“, stellt Firmenchef Mohammed Issa klar. In den vergangenen vier Wochen haben seine Leute den Auftrag erfüllt, praktisch mühelos. „Er verhält sich wie ein normaler Junge in dem Alter, geht spazieren, trifft sich mit zwei, drei Kollegen.“ Anders als Gleichaltrige geht er jedoch nicht zur Schule und wird zu seiner Verabredungen von Sicherheitsleuten chauffiert, notfalls bis nach Bochum. „Im Auto haben wir ihn besser unter Kontrolle als im Bus“, sagt Issa. Seine Männer haben Oleg aber nie aggressiv erlebt.
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Ähnlich schildert es Nachbarin Daria Chubykin (22): „Als ich die Wachleute zum ersten Mal mit ihm sah, habe ich ihn gefragt, was los ist, da sagte Oleg: ,Ich hab’ zu viel Scheiß gebaut.’ Und ich fragte: Du?“ Eine ältere Dame, die mit Olegs Familie im Haus wohnt, bestätigt:„Er war immer höflich und zuvorkommend, hat mir meine Tasche getragen.“ Sagt sie über den Jungen, auf dessen Konto zahllose Raubdelikte gehen. Oleg habe keine schlechten Anlagen, ihm habe zu Hause der Halt gefehlt: „Den hätte man nicht ins Heim stecken sollen, sondern zu liebevollen Eltern, damit er mal erlebt, was eine Familie ist.“
„Wenn er jetzt straffällig wird, kann er in U-Haft landen.“
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Über Olegs eigene Familie kursieren hier viele unschöne Geschichten, von zu viel Alkohol und zu wenig Interesse für den Jungen und seine kleine Schwester. Was wahr ist, was Gerücht, lässt sich schwer ermitteln. Amtlich gesehen gelten die Verhältnisse als „nicht einfach“. Und niemand weiß, was geschah, bevor Oleg mit 10 Jahren nach Essen kam. Am vergangenen Samstag ist er 14 Jahre geworden, ein Geburtstag, der für ihn vor allem die Strafmündigkeit markiert. Wie sagt Oberstaatsanwältin Anette Milk: „Wenn er jetzt straffällig wird, kann er in U-Haft landen.“