Essen. Erst nahm das Gericht in Essen den 50-Jährigen fest, dann sprach es ihn frei. Die Kammer sah keinen Beweis, dass er seine Ehefrau vergewaltigt hatte. Auch die Staatsanwaltschaft, die vorher massiv auf ein Verfahren gedrängt hatte, forderte Freispruch.
Der Justiz traute der 50-Jährige nicht und blieb dem Prozess im April fern. Dabei hätte der Angeklagte schon damals ahnen können, was die XVI. Essener Strafkammer am Freitag aussprechen würde: einen Freispruch vom Vorwurf, seine Frau vergewaltigt zu haben.
„Das habe ich auch noch nicht erlebt, dass wir jemanden in Haft nehmen müssen, um ihn freizusprechen“, wunderte sich Richter Martin Hahnemann am Schluss der Urteilsbegründung. Weil der Angeklagte nämlich unentschuldigt im April gefehlt hatte, erließ die Kammer damals einen „Ungehorsamshaftbefehl“. Seitdem saß der 50-Jährige im Gefängnis.
Ehefrau bei Aussage unsicher
Als seine Ehe nach 22 Jahren zerbrach und er ausziehen musste, soll er seine Ehefrau am 11. März vergangenen Jahres in der Altenessener Wohnung des Paares vergewaltigt haben. Zwei Tage später, nachdem auf Initiative der 20 Jahre alten Tochter die Polizei eingeschaltet worden war, soll er ihr zudem telefonisch mit dem Tod gedroht haben. So behauptete es zumindest die Anklage, weil die 38 Jahre alte Frau entsprechende Angaben bei der Polizei gemacht hatte. Bei einer zweiten Vernehmung hatte sie die Taten allerdings schon anders geschildert.
In der Hauptverhandlung selbst war sie am Freitag schließlich nicht in der Lage, die Vergewaltigung konkret zu benennen. Früher, sagte sie, habe der Ehemann sie oft gegen ihren Willen zum Sex gezwungen. Am 11. März habe sie sich aber erfolgreich gewehrt, ihn zur Seite gedrückt und das Schlafzimmer verlassen. Seit die Kinder größer seien, gelinge ihr die Abwehr.
Staatsanwältin fordert schließlich Freispruch
Das Gericht hatte gerade wegen dieser Widersprüche, die sich schon in der Akte abzeichneten, die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt. Die Essener Staatsanwaltschaft hatte sich damit nicht abgefunden. Auf ihre Beschwerde hin wies das Oberlandesgericht in Hamm die Essener Richter an, die Hauptverhandlung durchzuführen.
Doch die Vernehmung der Zeugin bestätigte nur die Sicht der Essener Kammer. Jetzt schloss sich auch Staatsanwältin Sabine Vollmer dem Gericht an. Freispruch forderte sie. Verteidiger Andreas Renschler schloss sich an. Es war klar, dass die Kammer zum Freispruch kommen wird. Und so erlaubte der Verteidiger sich vor dem letzten Wort des Angeklagten nur noch einen Hinweis für den Mandanten: „Für ein Geständnis wäre jetzt der falsche Zeitpunkt.“