Essen. Für eine Vergewaltigung in einem Essener Heim für geistig Behinderte sieht das Landgericht Essen keinen Beweis. Es lehnte deshalb den ursprünglichen Antrag der Staatsanwaltschaft ab, einen 24 Jahre alten Heimbewohner in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen.

Nach zwei Prozesstagen lag der Fall klar: Die Aussagen der mutmaßlichen Opfer waren nicht so eindeutig, um durch sie die Schuld des 24-Jährigen feststellen zu können. Der seit seiner Geburt nach einem Sauerstoffmangel geistig Behinderte sollte laut Antragsschrift der Staatsanwaltschaft im März 2010 und im Juni 2011 zwei andere junge Männer zu sexuellen Handlungen gezwungen haben, die sie nicht wollten.

Er selbst hatte die Taten von Anfang an bestritten. Sex hätte es gegeben, sagte er, aber die beiden hätten das auch gewollt. Das war ihm von der Justiz anfangs nicht abgenommen worden. Im Prozess waren die Zeugen dann von den Vorwürfen abgerückt, so dass am Ende auch Staatsanwältin Sonja Hüppe die Einweisung des Beschuldigten in die geschlossene Psychiatrie ablehnte und keinen Beweis für die Schuld des 24-Jährigen sah.

Zeuge wurde keinem Glaubwürdigkeitsgutachter vorgestellt

Verteidiger Volker Schröder sah das natürlich genauso. Er rügte aber, dass die Justiz es versäumt habe, die geistig behinderten Zeugen einem Glaubwürdigkeitsgutachter vorzustellen. Dann wäre es möglicherweise nicht zu diesem Verfahren gekommen.

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Richter Günther Busold wies das Urteil keineswegs zurück. Die Kammer könne sich dieser Kritik „nicht ganz entziehen“, räumte er ein. Allerdings habe es vor Jahren schon einmal ein Sexualstrafverfahren gegen den Beschuldigten gegeben, das eingestellt wurde. So habe die Kammer das Verfahren zugelassen, „um die Vorwürfe in einer Verhandlung zu klären“.

Busold nutzte die Urteilsbegründung zu einem Appell an den 24-Jährigen. Das Beste sei es, wenn er sich gar nicht erst in eine solche Situation begebe. Auch gegenüber dem Partner, der außerhalb des Heimes lebe, sei es nur fair, kein anderes sexuelles Verhältnis zu unterhalten. Busold zu strafrechtlichen Gefahren: „Wenn man die Hände nicht bei sich behält, läuft man schnell Gefahr, in so ein Verfahren zu geraten.“ Der 24-Jährige nickte und kündigte an, dass er „jetzt feiern“ gehe.