Essen. . Trotz massiver Kritik und angesichts eines gültigen Vertrags hat die Stadt Essen den „Thompson“-Auftritt in der Eissporthalle nicht unterbunden. Man wirft dem Sänger vor, menschenverachtendes und rechtsradikales Gedankengut zu verbreiten. Die Stadt fürchtete eine einstweilige Verfügung und den Zorn der Anhänger.
Die örtlichen Linken finden es unerträglich, die Berliner Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ sieht darin menschenverachtendes und rechtsradikales Gedankengut, und auch die Stadt Essen hat das geplante Konzert des kroatischen Sängers Marko Perkovic alias „Thompson“ als Problem auf höchster Ebene verortet: Dennoch geht die heftig kritisierte Veranstaltung am 3. Mai wie geplant über die Bühne der Eissporthalle – wenn auch unter den Augen der Polizei und städtischer Beobachter.
Nach Angaben von Kulturdezernent Andreas Bomheuer hat der Verwaltungsvorstand um Oberbürgermeister Reinhard Paß nach Rücksprache mit der Landesbehörde keine Möglichkeit gesehen, das Skandal-Konzert zu unterbinden. „Wir haben lange darüber diskutiert“, so Bomheuer. Und so passiert es zum wiederholten Mal, dass rechte Zusammenkünfte in städtischen Räumlichkeiten stattfinden. Inzwischen gibt es dagegen einen eindeutigen Ratsbeschluss. „Doch der wird durch das Konzert von Marco Perkovic konterkariert, denn die Eissporthalle gehört letztlich der Stadt“, sagt Wolfgang Freye, Ratsherr der Linksfraktion.
Eissporthalle witterte wohl dringend benötigte Einnahmen
Unterschrieben hat den Vertrag mit dem Veranstalter allerdings der Trägerverein der Eissporthalle, der wohl dringend benötigte Einnahmen witterte, aber nach eigener Darstellung völlig nichts ahnend war, wen man sich da ins Haus holt.
Offenbar einen durchaus Großen der rechten Szene: In der Vergangenheit seien Konzerte der Gruppe mit dem Slogan des faschistischen Utascha-Regimes, das mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbunden war, eröffnet worden, erklärt Martin Salm, Vorsitzender der Berliner Stiftung: „Konzerte dieser Band dürfen in der Bundesrepublik Deutschland keinen Aufführungsort finden.“ Denn in Liedern verherrlichten die Musiker unter anderem das Morden im Konzentrationslager Stara Gradiska, wo zwischen 1941 und 1945 mindestens 60.000 Menschen umgebracht worden seien.
"Niemand in dieser Stadt will diese Band"
Was soll man da noch sagen? Nicht viel anderes als Selbstverständliches: „Niemand in dieser Stadt will diese Band“, meint Bomheuer, der versichert, „alle Hebel in Bewegung gesetzt“ zu haben, um den Vertragsausstieg des Trägervereins seitens der Stadt zu unterstützen. Ohne Erfolg. Rechtliche Spielräume seien geprüft, aber am Ende doch nicht gefunden worden. Da sich die Band in Deutschland weder strafbar gemacht habe, noch verboten sei, erschien es kaum möglich das Konzert abzusagen.
Auch interessant
Es sei denn, so Bomheuer, man hätte eine einstweilige Verfügung kassieren wollen. Was man nicht wollte. „Das hätte die Stadt doch riskieren sollen“, sagt Wolfgang Freye, der der Verwaltungsspitze deshalb Mutlosigkeit vorwirft. Bomheuer spricht eher von einer Risikoabwägung, nachdem bekannt wurde, dass ein für den 26. April in Berlin angesetztes „Thompson“-Konzert abgesagt worden sei, die Tickets aber ihre Gültigkeit für Essen behalten sollten. Wer infolge dessen in welcher Zahl am Samstag im Essener Westen auflaufen wird, ist nicht bekannt. Aber mehr gefürchtet als den Imageschaden hat die Stadt offenbar, dass verschlossene Türen und ein abgesagtes Konzert über Gebühr Randale produziert hätten.
Organisatoren sensibilisieren
Für die Sicherheitskräfte gilt nun höchste Aufmerksamkeitsstufe. Perkovic-Anhänger aus ganz NRW und auch aus der deutschen Hauptstadt werden in Essen erwartet. „Wir haben ein Auge drauf und können schnell reagieren“, sagt Marco Ueberbach von der Essener Polizei, die weiß, dass „Thompson“ nicht das erste Mal in Essen gastiert. Das Konzert 2003 auf Einladung eines deutsch-kroatischen Freundschaftsvereins sei allerdings friedlich vonstatten gegangen: „Wir haben keine Anhaltspunkte, dass da Straftaten begangen werden“, sagt Ueberbach mit Blick auf das Wiedersehen im größeren Rahmen.
Dennoch hat die Stadt vorgesorgt. Um auf Nummer Sicher zu gehen, sei mit dem Konzertveranstalter eine zusätzliche vertragliche Vereinbarung getroffen worden, so Bomheuer: Sollten die Musiker in Deutschland verbotene verfassungswidrige Symbole, Texte oder Aussagen über die Rampe bringen, sei eine Konventionalstrafe in Höhe von 30.000 Euro fällig. Gleiches gelte für das Publikum. Wer über die Stränge schlägt, provoziert zudem einen Abbruch des Konzerts. Dass es dann weniger Randale geben könnte, als nach einer Absage im Vorfeld – das bezweifelt allerdings nicht nur Wolfgang Freye.
Für die Zukunft werde die Stadt verstärkt darauf achten, wer in welchen städtischen Räumlichkeiten auftritt, kündigt der Kulturdezernent an. Man werde sich mit Organisationen und Trägervereinen austauschen, um sie zu sensibilisieren. Der Trägerverein der Eissporthalle – der richte eben überwiegend Sportveranstaltungen aus.