Essen. . Die Linie 106, das Rauschen der A40, Besucher im Gervinuspark: Bürger nennen dem Klangkünstler Frank Schulte, welche Geräusche sie mit ihrer Stadt verbinden. Dazu steht der mit einem Tonstudio im Linienbus auf dem Willy-Brandt-Platz.

Wie klingt die Stadt? Eine Antwort auf diese Frage sucht derzeit der Klang- und Medienkünstler Frank Schulte. Auf dem Willy-Brandt-Platz in der Innenstadt hat er einen Linienbus der Evag abgestellt. Und darin hat er sich ein mobiles Tonstudio eingerichtet. Schulte möchte sich an den kommenden Wochenenden mit den Bürgern austauschen: Die Essener sollen ihm verraten, welche Geräusche ihnen in den Sinn kommen, wenn sie an ihre Heimatstadt denken.

Warum tut der Künstler das? Die Aktion in der Innenstadt ist ein Vorgriff auf das Kulturpfadfest, das in diesem Jahr im Juni stattfinden wird. In der jetzigen Phase des Projekts sammelt Schulte Anregungen, danach wird er im Stadtgebiet die Töne aufzeichnen, und beim Kulturpfadfest am 13. Juni werden sie dann der Öffentlichkeit in Form einer Performance vorgespielt. Anschließend wird sein Werk noch eine Woche lang im „Forum Kunst und Architektur“ am Kopstadtplatz zu sehen – beziehungsweise zu hören – sein.

Klänge müssen nicht unbedingt schön sein

Welche Klänge die Menschen in Essen mit ihrer Stadt verbinden, zeigt sich an diesen Wochenenden in der City: Künstler Schulte hat dort große Stadtpläne aufgestellt. Passanten können daran kleine Klebezettel anbringen, auf denen sie ihre persönlichen „Klang-Orte“ verzeichnen. „Die 106, wenn sie am Holsterhauser Platz in Richtung Klinikum abfährt – das höre ich morgens beim Aufwachen“, hat jemand auf einem Zettel notiert. Jemand anderes schreibt: „Das Dauer-Rauschen der A40“. Und wieder jemand anderes schreibt: „Das Vogelzwitschern und die biertrinkenden Dauerfreizeitler im Gervinuspark.“

„Die Klänge, die die Menschen mit ihrer Heimat verbinden, müssen nicht unbedingt schöne Geräusche sein“, sagt Schulte. „Es können auch Töne sein, die die Menschen stören.“ Ein tropfender Wasserhahn könne ebenso ein Heimatgefühl transportieren wie das Plätschern des Baldeneysees. Laufend bekommt Schulte neue Anregungen von Passanten. Am Stadtgarten hat er in den vergangenen Tagen bereits Enten-Geräusche aufgenommen, am Hauptbahnhof hat er das Geräusch vorbeifahrender Züge aufgezeichnet, und das Glockenspiel des Deiter-Hauses an der Kettwiger Straße gehört ebenfalls zu seinem wachsenden Repertoire Essener Töne.

„Wenn ich mit einem Mikrofon durch eine Stadt gehe, nehme ich sie ganz anders wahr“, sagt Schulte. Auf seinen Erkundungstouren trifft er Menschen, die ihm von ihren Klang-Erinnerungen erzählen: Etwa den Senior, der ihm von Geräusch der Weltkriegsbomben berichtet, wegen dem er noch immer nachts aus dem Schlaf hoch schreckt. Auch solche Erzählungen nimmt Schulte auf und archiviert sie für die Ewigkeit.

Wo Sie den Künstler in der virtuellen Welt und in der Realität treffen können

- Sämtliche Töne, die Frank Schulte aufzeichnet, werden im Internet archiviert. Er veröffentlicht sie unter der Adresse: http://aporee.org. Dort entsteht derzeit eine Essener Klangkarte.

- Der Künstler wird wieder am Donnerstag, 3. April, und am Freitag, 4. April, in der Innenstadt sein. Danach wieder am Freitag, 11. April, und am Samstag, 12. April. Jeweils von 10 bis 18 Uhr.