Essen. Nach Eröffnung des Bades am Thurmfeld, droht am Innenstadt-Ende der Steeler Straße eine weitere Bauruine. Ein Essener Architekt hat sich Gedanken gemacht: Könnte das entkernte Bad-Gebäude als Hülle für Neues dienen?
Man kann sich ja mal Gedanken machen, bevor ein ausrangiertes städtisches Gebäude zur Ruine verkommt. Ein durchaus sinnvolles Vorgehen, das in den letzten Jahren in Essen etwas zu kurz kam, das die CDU-Fraktion nun aber beim Thema Hauptbad an der Steeler Straße beherzigen will. Noch bevor der Badebetrieb dort eingestellt wird, hat sie den Architekten und Hochschullehrer Jürgen Reichardt gebeten, unverbindlich, aber realitätstauglich zu schauen, was sich aus dem Gebäude machen lässt.
Der lobt erst mal den Kollegen aus den 1950er Jahren für die schöne Gestaltungsidee mit der Glasfront Richtung Stadt, um dann eine Vision zu formulieren: Wie wäre es denn, wenn man schräg in den bestehenden Baukörper hinein mehrere Häuser stellt, die ihrerseits verbunden sind und sowohl als eine Art Bürgerzentrum wie auch als Sitz von Ämtern dienen könnten, die derzeit zur Miete in der Innenstadt verstreut sind?
Reichardt ist die energetische Effizienz sehr wichtig, er hat dies bei Aufträgen für die Zentrale der Bäckerei Peter, der „gläsernen Backstube“, technisch schon umgesetzt und auch sein Privathaus im Walpurgistal nach diesen Prinzipien gebaut. Essen sei wegen der Energiekonzerne doch ohnehin prädestiniert, so etwas wie eine „Modellstadt für Energieeffizienz“ zu sein, meint Reichardt und lässt bei der Gelegenheit durchblicken, dass er als Zugereister immer noch begeistert ist von Essen und sich etwas mehr positiven Stadtpatriotismus wünschen würde. „Eine Stadt, die eine Marke ist, hat es einfacher.“
Die Flachdächer als Chance für interessante Staffelgeschosse
Mehr draus machen - das kann sich Reichardt auch bei einer anderen Essener Spezialität vorstellen: den vielen Flachdächern, die es typischerweise da gibt, wo viel Architektur der 1950er und 1960er Jahre vorhanden ist. Für das Haus der Technik („vielleicht etwas angestaubt“) hat er im Auftrag der CDU ein gläsernes Staffelgeschoss auf dem jetzigen Dach gezeichnet, das beispielsweise als interessante Location für ein Cafe dienen, aber auch weitere Büros und Konferenzräume aufnehmen könnte. Reichardt weiß, um die Faszination von Blicken in die Stadtlandschaft, die mit solchen „On-Top-Etagen“ verbunden sind.
Kanupolo im Hauptbad
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Ein weiteres Projekt, für das Reichardt schon einmal ein paar Skizzen hinwarf, ist die Neubebauung des früheren Stadtarchivs an der Gildehofstraße, neben dem Hotel Essener Hof. Auch hier schwebt dem Essener Architekten eine luftige Baulösung vor, mit Büro-Nutzung in den unteren Geschossen und Wohnungen oben, wobei der Clou Dachgärten für jede Wohnung wären. Diese Idee kommt allerdings wohl zu spät, auf der Fläche soll nach derzeitigem Stand ein weiteres Hotel entstehen.
CDU-Fraktionschef Kufen will diese Visionen als „Anstoß“ betrachtet wissen, aber auch als Kritik an einer Stadtspitze, deren Kreativität seiner Ansicht nach ausbaubar ist. Was planerische Groß-Ideen angeht, sei der Köcher leer. Und: „Wir neigen in Essen zu sehr zum kleinen Karo und zur Selbstverzwergung.“
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