Essen. . ...und andere Ideen für städtebauliche Akzente in der Innenstadt hat das Architektenbüro „Reichardt – Maas – Assoziierte“ gesponnen. Die CDU will die Vorschläge in die Politik tragen: „Das sind keine Wolkenkuckucksheime“.

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, sagte einst Altkanzler Helmut Schmidt. Oder er geht zur örtlichen CDU, denn die hat ihr Herz für architektonisch versierte Ideengeber entdeckt, die sich auch mal trauen, aus dem klassischen Einerlei der Stadtplanung auszubrechen.

In dem wähnten sich irgendwie auch die Christdemokraten gefangen, als sie über einem Stadtplan mit den zerklüfteten Standorten städtischer Ämter brüteten. Ob nicht mal ein Fachmann sich der Frage annehmen könnte, wie man das eine mit dem anderen verbinden kann? Die Vielfalt städtischer Amtsstuben mit der Sehnsucht nach städtebaulichen Akzenten?

Jürgen Reichardt konnte. Der Architekt aus Bergerhausen hat sich mit seinem Büro RMA einmal für „ein paar Tage“ daran gemacht, städtebauliche Ziele zu formulieren und dazu drei „Leuchtturmprojekte“ zu entwickeln – Vorhaben, die Vorbildcharakter haben könnten.

Herausgekommen ist eine „Skylobby“ auf dem Haus der Technik gegenüber dem Hauptbahnhof – ein verglastes Staffelgeschoss mit Café und Konferenzräumen. Oder wenige Meter weiter ein multifunktionaler „Stadtbaustein“ auf dem Brachgelände des alten Stadtarchivs – ein Komplex mit Läden und Büros, einem Hotel und Wohnungen. Und als dritte Projektidee der kühne Plan, das alte Hauptbad, wenn erst einmal der Stöpsel gezogen ist, als Behörden-„Stadthaus“ mit einem schönen Schaufenster zur Innenstadt zu nutzen.

Bei der CDU war man ausgesprochen angetan. Und weil das „Haus der Technik“ gerade erst über Jahre saniert wurde, die Brache am alten Stadtarchiv in Kürze für ein Hotel verkauft werden soll, aber auch, weil man einen „Kontrapunkt“ sucht zur gedeihlichen Entwicklung der nördlichen Innenstadt, bleibt vor allem die Hauptbad-Vision in den Köpfen hängen: Hier könnte – vergleichbar mit der Ford Foundation in New York – die bauliche Hülle Grundlage für einen Mikrokosmos bieten, in denen verschiedene Baukörper städtischer Dienststellen hineingebaut werden. Eine Brücke vom Burgplatz quer über die Schützenbahn und durch das Job-Center hindurch könnte die umständliche ebenerdige Anbindung über diverse Ampeln ersetzen. Und die viel gelobte Glaswand des Hauptbades böte mit dem davorliegenden Park ein Schaufenster in die Innenstadt.

Spinnert? Baulich wie finanziell sicher „kein Hexenwerk“, wie Professor Jürgen Reichardt findet, und auch die CDU nickt: „Das sind keine Wolkenkuckucksheime“, meint Fraktionschef Thomas Kufen, der gleichwohl nicht prompt die Umsetzung fordert: „Wir wollen ja keine fertigen Lösungen präsentieren, sondern Anstöße geben.“

Ist uns das wichtig?

Anstöße dafür, auch mal ehrgeizige Ziele zu formulieren, sich nicht nur mit Klein-Klein zufrieden zu geben. Wenn man Kufen glaubt, sind es dabei vor allem die Zugezogenen, „Neu-Essener“ wie Reichardt, der seit 25 Jahren hier wohnt, die sich oft als glühende Stadt-Patrioten erweisen, die für Essen schwärmen, ohne die hässlichen Ecken auszublenden: „Denen geben wir gerne eine Plattform.“ Nicht zuletzt, weil man „eine solche Begeisterung bei denen, die hier geboren sind, manchmal vermisst“.

Architekt Reichardt, ausgezeichnet unter anderem für seinen Entwurf der „gläsernen Backstube“ der Bäckerei Peter, empfiehlt der CDU wie auch allen anderen mehr Mut in derlei städtebaulichen Fragen: „Wenn man sagt: Das ist uns wichtig, kriegt man das auch hin.“

Ganz ohne ärztliche Hilfe.