Essen. Mit einem neuen Drainage-System soll das Grundwasser in Karnap, dem nördlichsten Essener Stadtteil, abgesenkt werden. Doch Grundstückseigentümer, die von der Baustelle betroffen wären, sind derzeit noch dagegen, dass ihr Grund zum Baufeld wird. Einige hoffen offenbar auf mehr Ausgleichsgeld.
Andreas Lochthowe wohnt an der Berswortschanze in Karnap. Über seine schmucke Doppelhaushälfte redet der 49-Jährige gerne. Zumindest, solange es nicht um den Keller geht. Denn da ist regelmäßig Land unter. Schuld ist der hohe Grundwasserspiegel als Folge des Bergbaus. „Ich wollte ein Feuchtbiotop einrichten und es unter Naturschutz stellen lassen“, sagt Lochthowe mit einer Portion Sarkasmus.
Gerade ist es trocken in Lochthowes Keller, weil in der Nachbarschaft neu gebaut und das Grundwasser abgepumpt wird. Trotzdem hat er Zornesröte im Gesicht stehen. Schuld sind einige seiner Nachbarn. Denn die wehren sich dagegen, dass die Keller künftig auch ohne Neubauten in der Nachbarschaft trocken bleiben.
Acht-Millionen-Euro-Pilotprojekts soll im Herbst starten
Die Stadtwerke wollen im Rahmen eines Acht-Millionen-Euro-Pilotprojekts ab Herbst 2014 insgesamt 4,2 Kilometer unterirdische Drainageleitungen verlegen. Eineinhalb Jahre würde gebaut. Es müssten bis zu sechs Meter tiefe Gräben angelegt werden. Das geht, durch die Topographie und die enge Bebauung, nur unter Einbeziehung von privaten Grundstücken.
In den Bereichen Karnap-West, Lohwiese und Ahnewinkelstraße wurden 100 Eigentümer zwecks Gestattung zur Nutzung als Baufeld angeschrieben. „33 unterschriebene Verträge sind zurückgekommen. 90 wären notwendig gewesen“, sagt Projektleiter Ingo Brucks von den Stadtwerken. Andreas Lochthowe gehört zu dem Drittel, das unterschrieben hat. Und er ist sauer: „Ich finde das assig. Die Leute sollen froh sein, dass uns geholfen wird.“
Unschöne menschliche Eigenschaft namens Gier
Ingo Brucks hat neben den Zusagen die Absagen gesammelt. Die Beweggründe sind vielfältig: „Es gibt Leute, die bezweifeln, dass die Maßnahme Erfolg hat oder es werden Folgeschäden befürchtet. Andere sorgen sich um ihren Garten. Oder die Garageneinfahrt.“ Dabei haben die Stadtwerke zugesagt, dass es einen Vorher-Nachher-Vergleich gibt. Außerdem liegt Ausfallgeld bereit. Bei Andreas Lochthowe wären es 300 Euro im Monat.
Und hier kommt wohl eine unschöne menschliche Eigenschaft namens Gier ins Spiel. „Ich denke, dass einige Leute zocken“, sagt Guido Reil. Der SPD-Ratsherr wohnt im Grüteringhof. Auch er hat Keller-Wasser, die Baustelle würde aber nur in der Nachbarschaft seines Grundstücks verlaufen. „Die Leute wollen die Grundwasserabsenkung. Das hat man bei einer Infoversammlung der Stadtwerke gemerkt. Aber einige hoffen, mehr Geld zu bekommen.“ Ihr Pech: Das Ausgleichsgeld ist gedeckelt. „Wir versuchen, weitere Bürger zu überzeugen“, sagt Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun. Zudem werden andere Baulösungen gesucht. Stoppen werden die Widerständler das Projekt nicht: Notfalls könnte es mit einer Zwangsverpflichtung durchgezogen werden.