Essen. Wissenschaftler haben in den letzten zwei Jahren die Wasserqualität der Ruhr und des Baldeneysees untersucht. Sie kommen zu dem Ergebnis: Eine Hygiene-Ampel könnte eine Chance für einen eingeschränkten Badebetrieb sein. Denn: Nach Starkregen werden die Schadstoff-Grenzwerte klar überschritten.

Die Wasserqualität in Ruhr und Baldeneysee ist so gut, dass das Baden ohne Gefahr möglich ist - allerdings nur, wenn es einige Tage nicht geregnet hat. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler des aufwendigen Analyse-Projekts „Sichere Ruhr“, an dem mehrere Universitäten und Wasserverbände seit über zwei Jahren arbeiten. Ziel ist es herauszufinden, ob die Behörden dem Wunsch vieler Bürger nach naturnahem Baden entsprechen können oder ob dies trotz der zeitweise guten Wasserqualität zu hohe gesundheitliche Risiken birgt.

Die Antwort ist zweigeteilt: „Wir sind gar nicht weit weg von einer Bade-Situation, aber einige Probleme müssen noch angegangen werden“, sagte gestern Prof. Thomas Kistemann vom Institut für Hygiene der Uni Bonn. So seien die strengen Gesetze der EU wie auch des Landes NRW bei Badegewässern auf durchgehend unbedenkliche Schadstoffwerte während der gesamten Saison ausgelegt. „Ein dauerhafter Badebetrieb ist deshalb vorerst nicht möglich“, sagt Projektsprecher Wolf Merkel, Geschäftsführer des Mülheimer Wasserwerks IWW. Aber: Wenn es gelänge, mit einer fachkundigen „Hygiene-Ampel“ die unbedenklichen von den bedenklichen Tagen zu trennen, sei aus wissenschaftlicher Sicht Baden möglich.

Erfreuliche Werte während der Trockenperioden

Während der Trockenperioden - zumeist ja die idealen Schwimmzeiten - ergaben sämtliche Proben etwa bei Kolibakterien erfreuliche Werte deutlich unter den strengen Grenzen. Genauso klar hoch ging die Belastung allerdings nach starkem Regen und überschritt dann auch oft die Grenzwerte. Gründe: Von landwirtschaftlichen Flächen, von Straßen und Dächern, aber auch aus Einleitungen der dann teils überlasteten Kläranlagen gelangt mit dem Regen viel verunreinigtes Wasser in den Fluss, der dann einige Tage braucht, um sich zu regenerieren.

Während dieser Tage kann das Verschlucken von Ruhrwasser eine Durchfall-Erkrankung auslösen, und zumindest bei Menschen mit schwacher Konstitution ist ein ernster Verlauf nicht auszuschließen. Das will juristisch niemand auf seine Kappe nehmen, weshalb das Baden derzeit verboten ist - im Gegensatz übrigens zu früheren Zeiten, als die Ruhr noch deutlich schmutziger war aber auch die Risikobereitschaft größer.

Ein Restrisiko beim Baden in offenen Gewässern bleibt immer

Ganz risikofrei ist Baden in offenen Gewässern übrigens nie. Dafür sorgen nach Darstellung der Wissenschaftler schon die Ausscheidungen der zahlreich am See und am Fluss vorhandenen Wasservögel. Immerhin aber: Selbst in der Nähe von Vogelschutzgebieten fand sich keine messbar höhere Belastung. Keine Unterschiede gab es auch zwischen Wasserproben des Baldeneysees und denen aus der schneller fließenden Ruhr.

Für Wolf Merkel sind nun die Städte am Zug, aus diesen Analysen etwas zu machen. „Ein Ampel-System würde natürlich etwas kosten.“ Nötig sei auch, die sehr restriktive Gesetzgebung zu „interpretieren“, wie es etwa in München geschehe. Auch dort ist die Isar mal mehr, mal weniger belastet, aber die Stadt habe sich soweit abgesichert, dass sie keine Regressforderungen von Badenden fürchten muss, die plötzlich doch mal einen Abend auf dem Klo verbringen müssen. „Am Ende“, hieß es gestern als Fazit, „muss jeder Erwachsene es selbst verantworten, wenn er in der Ruhr schwimmt.“