Essen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage vor dem Schöffengericht gegen Günther O. erhoben, der zudem unter dem Verdacht steht, seine 23 Jahre alte Stieftochter ermordet und in seinem Dellwiger Kleingarten verbuddelt zu haben.

Gegen den mutmaßlichen Stieftochter-Mörder Günther O. hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage vor dem Schöffengericht erhoben: Der heute 47-Jährige soll die mit 23 Jahren getötete Madeleine fünf Mal sexuell missbraucht haben, als sie zwischen 14 und 18 Jahre alt war. Tatort war der damalige Wohnsitz der Familie im sächsischen Kamenz. Dies teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Dass die junge Mutter einer Zweijährigen vor über einem Jahr Anzeige wegen der sexuellen Übergriffe zwischen April 2004 und April 2008 gegen ihren Stiefvater erstattet hatte, könnte der Grund für ihren gewaltsamen Tod gewesen sein.

Behörde weist Vorwürfe zurück

Vor diesem Hintergrund sah sich die Staatsanwaltschaft wiederholt einem heftigen Vorwurf ausgesetzt: Wenn denn nur schnell genug ermittelt worden wäre, könnte die junge Frau noch leben. Das wies die Behörde „mit Entschiedenheit“ zurück. Gegenüber der NRZ betonte deren Sprecherin, Oberstaatsanwältin Anette Milk, dass die notwendigen Voraussetzungen, einen Haftbefehl gegen Günther O. zu erlassen, nicht vorgelegen hätten. Trotz eines Gutachtens, das Madeleine als glaubwürdig eingestuft hatte, und trotz eines genetischen Tests, der den heute 47-Jährigen zweifelsfrei als Vater des inzwischen zweijährigen Mädchens seiner Stieftochter identifizierte.

„Der Beschuldigte hatte lange Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren“, sagte Milk. Dennoch habe er zu keiner Zeit Drohungen gegenüber Madeleine ausgesprochen. Bei dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, wie es im Juristendeutsch heißt, habe er keine körperliche Gewalt gegen seine Stieftochter angewendet.

Stiefvater und Halbbruder in Untersuchungshaft

Unter diesen Voraussetzungen, so die Staatsanwaltschaft, sei an keinem Punkt des Sexualstrafverfahrens erkennbar gewesen, dass die junge Frau gefährdet gewesen sein könnte – selbst für Madeleines Rechtsanwältin nicht.

Dennoch musste die 23-Jährige sterben: Geknebelt, gefesselt, ermordet, in einem Erdloch einbetoniert wurde ihre Leiche Mitte Februar in dem Dellwiger Schrebergarten ihres Stiefvaters entdeckt. Ob das Mordopfer lebendig begraben wurde, ist nach wie vor unklar. Kurze Zeit nachdem das Verbrechen entdeckt worden war, wurden Günther O. und der Halbbruder des Opfers festgenommen und in Untersuchungshaft geschickt.

Während der Stiefvater schweigt, bestreitet der 21-Jährige, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Nach wie vor sitzen beide in Untersuchungshaft, sagte Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens gestern. In dem Verfahren wegen des Verdachts des Mordes gebe es keine neuen Erkenntnisse.