Essen. Essener Frauen protestieren am Freitag zum „Equal Pay Day“ auf der Kettwiger Straße. Sie wollen damit auf die Lohn-Ungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen. Die Reaktionen, die sie darauf in der Vergangenheit bekamen, fanden sie jedoch „eher traurig“.
Ursula Schweitzer hat die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau in ihrem Berufsleben selbst erfahren. 35 Jahre lang war die heute 63-Jährige Grundschullehrerin. Sie glaubte lange Zeit, genauso viel zu verdienen, wie ihre männlichen Kollegen. Bis sie 50 Jahre alt war. Da kam in die Inklusionsklasse ein junger Förderschullehrer, der zwar etwas länger studiert hatte aber die gleiche Arbeit leistete, und dafür genauso viel Gehalt bekam wie sie mit den vielen Berufsjahren. „Da habe ich schon Diskussionsbedarf gehabt.“
Mittlerweile weiß Ursula Schweitzer, dass ihre Geschichte kein Einzelfall ist. Für sie ist das eine besondere Motivation, sich am heutigen „Equal Pay Day“ auf die Straße zu stellen, und Frauen über diese Lohn-Ungerechtigkeit aufzuklären. Gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen vom Business and Professional Women Club Essen (BPW) wird sie von 12 bis 14 Uhr auf der Kettwiger Straße in Höhe der Lichtburg an die Passantinnen rote Taschen mit Infomaterial verteilen. Der „Equal Pay Day“ markiert den Tag, bis zu dem Frauen in Deutschland über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um auf den gleichen Lohn wie Männer zu kommen.
„Frauen zerren ihre Männer weg“
Die Reaktionen, die die BPW-Frauen auf ihre Taschen-Aktion in den vergangenen Jahren bekamen, „stimmt uns eher traurig“, sagt Mandy Hindenburg, die Vorsitzende des BPW-Clubs Essen ist. Zum einen würden eher Männer stehen bleiben und zuhören, die Frauen hingegen würden ihre Männer wegzerren. Zum anderen hören sie von den Frauen häufig Sätze, wie diesen: „Das ist kein Problem für mich, ich bin gut versorgt.“ Ursula Schweitzer ist häufig entsetzt über soviel Gleichgültigkeit: „Was aber wird aus den Frauen, wenn sie alt sind? Viele sehen Probleme wie Altersarmut nicht, weil sie nicht aufgeklärt werden“, glaubt Ursula Schweitzer.
Die Lohnunterschiede
Mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 16,05 Euro verdienten Frauen in NRW im Jahr 2013 rund 22 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen (20,47 Euro), so das Statistische Landesamt.
Damit hat sich der prozentuale Verdienstunterschied in den vergangenen Jahren kaum verändert.
Sie hat ihren Beruf vor einigen Jahren aus Gesundheitsheitsgründen aufgeben müssen. Heute ist sie selbstständige Farb- und Stilberaterin. In ihren Seminaren schult sie Männer und Frauen und auch da stößt sie immer wieder auf unterschiedliche Denkweisen zwischen den Geschlechtern, die zu solchen Lohnlücken führen. „Frauen haben häufig Angst, mehr Lohn vom Chef zu fordern, weil sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben.“ Bei Männern sei das ganz anders. Regelmäßige Gespräche übers Gehalt gehörten für sie zum Berufsalltag.
Ursula Schweitzer erzählt eine kuriose Geschichte, die ihr eine junge Frau berichtet habe: Deren Mann habe die gleiche Ausbildung , den gleichen Job in derselben Firma. Als beide ihre Arbeitsverträge dann nebeneinander legten, hatte sie: weniger.