Essen. Generationen von Werdenern verbinden mit der kleinen Brehminsel in der Ruhr prägende Erlebnisse wie erste Küsse, heiße Liebesschwüre, nächtliche Partys und Mußestunden an sonnigen Tagen. Die Brehminsel ist der Stadtpark der Werdener, bietet Naherholung im Grünen.
Kaum ist der Brehm aus dem Winterschlaf erwacht, lassen die wärmenden Sonnenstrahlen die Krokusse sprießen, wird er von den Werdenern in Beschlag genommen: Ausgerüstet mit Picknickdecken, Klappstühlen, Federballspielen und Holzkohlengrills pilgern sie zu ihrer Lieblingsinsel in der Ruhr. Auf der großen Wiese kickt eine Horde halbwüchsiger Jungs in viel zu weiten Fußballtrikots, die sich lautstark anfeuert.
Ein kleines blondbezopftes Mädchen startet seine ersten wackeligen Fahrversuche auf einem grellpinken Fahrrad, während der ältere Bruder juchzend auf den Spielplatz zuläuft. Das bunte Treiben nehmen die beiden Frischverliebten, die zärtlich-turtelnd unter einem der mächtigen Bäume sitzen, erst nicht wahr. Als es ihnen zu laut wird, ziehen sie sich auf die nördliche Spitze der Brehminsel zurück. Dort wartet, verdeckt vom Uferdickicht, eine einsame Bank mit Blick auf die ruhig dahinfließende Ruhr. Wie viele Liebesschwüre hier besiegelt und wieder gebrochen wurden - wer weiß das schon.
Weidefläche für Kühe und Schafe
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Seit vielen Generationen ist die Brehminsel nun schon der Stadtpark der Werdener. Die verbinden mit ihrem Brehm mehr als Naherholung im Grünen. Der erste Kuss, nächtliche Partys, das Hochzeitsfoto, die ersten Gehversuche der Kinder, Inselumrundungen mit dem Tretboot, Mußestunden auf der sonnenbeschienenen Südspitze oder der sonntägliche Spaziergang im Alter - in allen Lebensphasen begleitet das schmale Eiland, das durch eine kleine Brücke mit dem Ufer verbunden ist, die Bürger.
Jahrhundertelang weideten hier die Kühe und Schafe der Werdener Abtei. Erst Ende des 19. Jahrhunderts, als sich die Tuchweberfabrikanten in stattlichen Villen am Ufer der Ruhr mit Sicht auf den Brehm niederließen, veränderte sich dessen Aussehen. So mietete der Fabrikant Huffmann kurzerhand die Insel und ließ sie mit besonders schönen Bäumen aufforsten. Das, so erzählt die Werdener Hobbyhistorikerin Monika Reich-Püttmann, tat er vor allem für seine beinamputierte Tochter. Wenn sie auf der großen Steinterrasse saß, sollte sie statt auf langweilige Wiesen in üppiges Grün schauen können.
Für alle Bürger geöffnet
Trotz dieser „Privatinitiative“ blieb die Insel auch in dieser Phase immer für alle Bürger frei zugänglich. Um die Idylle zu vervollständigen, ließ Huffmann schließlich noch Pfauen auf den Brehm bringen. Wenn denen die Ruhe zu viel wurde, spazierten sie einfach über die schmale Brücke Richtung Brückstraße und entfalteten zwischen den Fachwerkhäusern ihr prächtiges Federrad. „Meine Großmutter hat das noch erlebt und mir davon erzählt“, sagt Monika Reich-Püttmann, die auch erklärt, warum die Brehminsel von den Einheimischen der Brehm genannt wird: „Das leitet sich von Priem ab und bedeutet wasserumspielter Saum.“
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Auf der Brehminsel in Werden