Warum die über 1000-jährige Altstadt Werdens kein Museum ist
•
Lesezeit: 3 Minuten
Essen. Die Altstadt in Essen-Werden hat nichts Museales. Sie lockt mit engen Gassen, altem Fachwerk und kleinen Geschäften. Nur die Bundesstraße 224 stört das Idyll des über 1000-jährigen Ortes. Der ist mit der direkten Nähe zur Ruhr und zum Baldeneysee und der Brehminsel auch ein beliebtes Naherholungsziel.
Nur langsam erwacht die Altstadt Werdens an diesem sonnigen Februarmorgen. Junge Mütter schieben ihre Kinderwagen plaudernd durch die Grafenstraße, ein Pulk Folkwang-Studenten schlendert, ausgestattet mit ledernen Instrumentenkoffern, langsam Richtung Uni, zwei ältere Damen warten darauf, dass sich die Tür der kleinen Buchhandlung für sie öffnet. Beschaulichkeit, dieses Klischee fällt dem Besucher unweigerlich ein, der durch die engen, mit Fachwerkhäusern geschmückten Gassen bummelt, die fast ausnahmslos Fußgängerzonen sind.
Zwar ist der alte Bestand an Fachwerkhäusern nicht mehr komplett erhalten, aber den Werdenern ist etwas gelungen, was in der Essener Innenstadt schmerzlich vermisst wird: Sie haben ihre über 1000-jährige Geschichte konserviert und die historischen Häuser liebevoll und denkmalgerecht restauriert statt sie, wie in der Nachkriegszeit oft gang und gäbe, abzureißen. Selbst die Neubauten dazwischen fügen sich, bis auf den ein oder anderen Ausrutscher, fast symbiotisch in das Gesamtbild.
Gründer-, Jugendstil und Fachwerkhäuser
Die Werdener Altstadt
1/57
Das erschließt sich allerdings erst beim Näherkommen – wer über die stark frequentierte B 224 ins südliche Ruhrtal fährt, sieht zunächst nur ein verschachteltes, auf mehrere Hügel verteiltes Häusermeer, aus dem die beiden Türme der evangelischen Kirche und der katholischen Basilika ragen. Erst nach dem Passieren der Gustav-Heinemann-Brücke, beim Einfädeln in die Abteistraße, bekommt man einen ersten Eindruck: Der Marktplatz ist das Herzstück Werdens, leider aber verkehrsumtost. Denn die Bundesstraße führt mitten durch den Ort – ein Dorn im Auge vieler Werdener. Auf dem Platz stehen Gründerzeit-, Jugendstil- und Fachwerkhäuser nebeneinander, bewacht von der mächtigen Basilika St. Ludgerus, die, unbeeindruckt vom Trubel zu ihren Füßen, auf einem Felsen thront.
Ein paar Schritte weiter in die Heckstraße hinein beruhigt sich der Verkehr, tauchen die ersten windschiefen, mit Schindeln gedeckten meist zweigeschossigen Fachwerkhäuser auf. Jedes Haus hat seinen eigenen architektonischen Charme und seine eigene Geschichte. So lebte im 1770 erbauten „Himmel“ einst der letzte abteiliche Kanzleidirektor Dingerkuhs; seine Nachbarn auf der Grafenstraße waren Weber, Lehrer und Pastöre. Frisch herausgeputzt sind alle Häuser, sauber die krummen Gassen, doch im Gegensatz zu manch anderen Fachwerkstädtchen wirkt Werden alles andere als museal.
Alle schätzen ihren Stadtteil
Für Leben sorgen nicht nur die kleinen Geschäfte, Cafés und Restaurants, die im Erdgeschoss der historischen Häuser angesiedelt sind, sondern, neben den Bewohnern, auch die Schüler der beiden Gymnasien und die internationalen Studenten der berühmten Folkwang-Hochschule, die in der ehemaligen Abtei beheimatet ist.
Sie alle schätzen ihren Stadtteil, der ja nicht nur eine denkmalgeschützte Altstadt besitzt, sondern mit der direkten Nähe zur Ruhr und zum Baldeneysee und der Brehminsel auch ein beliebtes Naherholungsziel ist. Kein Wunder also, dass Werden eines der begehrtesten Quartiere Essens ist. Das schlägt sich allerdings auch in den Mieten und den Preisen für Eigentum nieder – billig ist es hier nicht. Aber schön.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.