Essen. Diskussion über die Interpretation der aktuellen Anmeldezahlen: Realschulen wehren sich gegen die Einschätzung, “Sorgenkinder von morgen“ zu sein - trotz chronisch schwacher Zahlen an einigen Standorten. Realschulen seien besonders bei bildungsorientierten Eltern gefragt.

Über viele Schulformen ist in den letzten Jahrzehnten geschrieben und diskutiert worden: Über die Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien. Das ewige Für und Wider der Gesamtschulen. Das Sterben der Hauptschulen. Bloß die Realschulen führten ein weitgehend unbehelligtes Dasein – oder? In Essen ist das spätestens seit Bekanntwerden der Anmeldezahlen fürs kommende Schuljahr ein wenig anders.

Haben die 13 Realschulen gute oder weniger gute Werte erreicht? Hier gehen die Meinungen derzeit auseinander – vor allem nach dem Schock-Jahr 2012, als „Richard Schirrmann“ in Stoppenberg als eigenständige Schule schließen musste und seitdem als Zweigstelle von „Franz Dinnendahl“ (Kray) geführt wird. Damals blieben gleich vier Realschulen unter dem Mindest-Wert von 52 Schülern, die für die Bildung zweier Eingangsklassen erforderlich sind.

Nach der diesmaligen Anmeldephase waren es zunächst drei Realschulen mit zu niedrigen Werten. Doch Dezernent Peter Renzel erklärte: „Der Elternwille stützt die Realschule.“ Und Jürgen Häckert, der stellvertretende Sprecher der Realschulen in Essen, weist auf den steigenden Prozent-Anteil an Realschülern bei allen Fünftklässlern hin: „Der Wert ist von 21 auf mittlerweile 23,6 Prozent gestiegen. Eltern wählen die Realschule bewusst aus. Wir stehen gut da, die Zahlen sind absolut zufriedenstellend.“

Kein Interesse an städtischer Sekundarschule

Manche hatten hinter vorgehaltener Hand von „Sorgen“ gesprochen, was die Realschul-Landschaft in Essen angeht. Besonders die Realschule Kettwig, im Jahr 2012 gerade mal mit 40 Anmeldungen ausgestattet, kam in diesem Jahr wieder nur auf 47 Anmeldungen. Auch in Frohnhausen gibt es eine Schule, die seit Jahren wiederholt niedrige Werte erreicht: die Realschule Essen-West.

„Unterm Strich haben wir hervorragende Anmeldezahlen bei den Realschulen“, konstatiert erneut die Chefin der Essener Schulverwaltung, Regine Möllenbeck. „Wir wissen aber genau, dass die Nachfrage an den Standorten sehr unterschiedlich ist. Wir sind mit den Leitungen im Gespräch.“ Jürgen Häckert, der selbst die Helene-Lange-Realschule in Steele leitet, verweist auf einen „harten Wettbewerb“ in vielen Bezirken, der aber zu entsprechend guter Qualität führe. „Unsere Schulen sind überschaubar, die Übergangsquoten zum Gymnasium sind sehr gut, unsere Schüler haben bei Ausbildungsbetrieben häufig einen sehr guten Ruf.“ Ob es auch in fünf Jahren noch alle 13 Realschulen gebe, weiß Häckert nicht, aber: „Es werden alle gebraucht.“ Auch deshalb, weil in Essen an einer städtischen Sekundarschule niemand ernsthaftes Interesse habe - weder Schulen, noch Lehrer, noch Eltern.