Essen.

Im Gegensatz zum Bremer „Tatort“ am Sonntagabend vermittelte das Urteil der VII. Essener Strafkammer am Montag keineswegs das Bild einer ausländischen Familienclans gegenüber machtlosen Strafjustiz. Sie verurteilte Mohammed El-Z. wegen gefährlicher Körperverletzung zu viereinhalb Jahren Haft. Der 27-Jährige wurde noch im Saal verhaftet.

Sein drei Jahre älterer Bruder muss zweieinhalb Jahre in Haft. Ein weiterer Bruder ist bereits vor dem Jugendgericht in Moers zur Rechenschaft gezogen worden: Er muss eine Geldauflage zahlen und an einem Anti-Gewalt-Kurs teilnehmen.

Entsetzen und Fassungslosigkeit

Das Trio war am 1. August 2012 nach Essen gefahren, um laut Urteil die mit ihnen verwandte Familie R. im Stadtteil Altendorf gezielt anzugreifen. Hintergrund ist ein Streit zwischen den Familien, weil eine Schwester der Angeklagten sich mit einem Mitglied der Essener Familie R. angefreundet hatte. Familie El-Z. war laut Urteil dagegen, darauf brannten die beiden jungen Leute durch.

Die Tat selbst hatte Entsetzen und Fassungslosigkeit in der Altendorfer Nachbarschaft ausgelöst. Zunächst war das Moerser Trio mittags zum Schölerpad gefahren und dort mit Gewalt in eine Wohnung eingedrungen. Weil sie leer war, zogen sie weiter zum Holdenweg, wo die Familie R. wohnte. Bewaffnet mit Pfefferspray, Schlagring und einem Eisenrohr drangen sie in die Wohnung ein, verletzten dort sieben Mitglieder der Familie R., die sich zum Teil im Bad verbarrikadiert hatten. Als sie eine Tochter der R., übrigens die Verlobte von Mohammed El-Z., mit Gewalt nach draußen zwangen, verlagerte sich die Schlägerei auf die Straße. Einem Cousin der Angeklagten, der zur anderen Familie hielt, gelang es, die junge Frau zu befreien. Er versetzte Mohammed El-Z. zwei Messerstiche, verletzte ihn lebensgefährlich. Dafür muss sich der 26-Jährige im März vor dem Essener Schwurgericht verantworten. Der jetzt verurteilte Mohammed El-Z. wird dann als Opfer am Prozess teilnehmen.

"Sie haben uns gezwungen, die blöde Tür einzutreten."

Staatsanwältin Elke Hinterberg hatte den Angriff der Brüder als Racheaktion bezeichnet, sprach von Selbstjustiz. Gerhard Thien, Verteidiger von Mohammed El-Z., warf der anderen Familie vor, die Tat ausgelöst zu haben. Die Angeklagten hätten nichts mehr von ihrer Schwester gehört und sie in der Gewalt der Familie R. gewähnt. Die Tat selbst sei eine Art Befreiungsaktion gewesen. Rechtsanwalt Aykan Akyildiz, der den Bruder vertrat, sah den Fall aufgebauscht, er hätte besser ans Amtsgericht gehört. Richter Simon Assenmacher widersprach dem im Urteil angesichts der außergewöhnlichen Brutalität der Tat vehement.

Mohammed El-Z. hatte vorher im letzten Wort gezeigt, dass sich alles von zwei Seiten sehen lässt: „Sie haben uns gezwungen, die blöde Tür einzutreten. Sie hätten sie ja öffnen können.“