Essen. . Die Staatsanwaltschaft Essen will, dass eine 57-Jährige dauerhaft in die geschlossene Forensik eingewiesen wird. Die Frau soll ihre vierjährige Stieftochter in der gemeinsamen Wohnung getötet haben. Zum Tatzeitpunkt soll die 57-Jährige wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig gewesen sein.

Sinatou ist gerade einmal vier Jahre alt geworden. Die Ermittlungsbehörden sind überzeugt, dass das Mädchen Ende Oktober des vergangenen Jahres von der eigenen Stiefmutter in der gemeinsamen Wohnung in Bergeborbeck getötet worden ist. Die Essener Staatsanwaltschaft will, dass die 57-Jährige dauerhaft in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht wird. Die entsprechende Antragsschrift liegt dem Essener Landgericht inzwischen vor. Die Entscheidung über die dauerhafte Unterbringung der Frau trifft eine Schwurgerichtskammer in einem noch nicht terminierten Sicherungsverfahren.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 57-Jährige die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat und dass weitere Gefahr von ihr ausgehen könnte. In der Forensik habe eine psychiatrische Sachverständige die Frau inzwischen begutachtet und eine „Borderline-Erkrankung mit wahnhaften Störungen“ konstatiert, erklärt Staatsanwältin Elke Hinterberg.

Rettungskräfte entdeckten Sinatou im Schlafzimmer

Selbst wenn die rechtsmedizinischen Untersuchungen noch abgeschlossen sind: Wahrscheinlich scheint, dass Sinatou mehrere Tage tot in der Wohnung der 57-Jährigen gelegen hat. Getötet wurde die Vierjährige irgendwann zwischen Montag, dem 28., und Mittwoch, dem 30. Oktober. Da erst hatte die Stiefmutter eine Bekannte um Hilfe gebeten, weil sie sich selbst Schnittverletzungen an den Armen zugefügt hatte. In der Wohnung angekommen rief die Freundin die 112 - die Rettungskräfte stießen schließlich hinter einer verschlossenen Türe auf das tote Kind im Schlafzimmer. Schwere Kopfverletzungen wies die Kleine auf - verursacht wohl durch mehrere Haushaltsgegenstände, die die Polizei nach der Tat sicher gestellt hat.

Die 57-Jährige wurde unmittelbar nach der Erstversorgung bereits in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht. Sie will sich nicht erinnern können, das Kind getötet zu haben und hat den Ermittlern von „Kämpfen“ in der Wohnung berichtet. Allerdings haben Polizei und Staatsanwaltschaft keine Hinweise auf eine Beteiligung Dritter gefunden: „Die waren alleine in der Wohnung“, sagt Staatsanwältin Hinterberg.

Wegen „Schnupfen“ im Kindergarten abgemeldet 

Betroffen macht rund vier Monate danach nicht zuletzt die Tatsache, dass es im Vorfeld keinerlei Hinweise auf eine solche Tat gegeben hat. Zwar war die 57-Jährige in psychiatrischer Behandlung, davon ab aber hat die Familie ein komplett unauffälliges und zurückgezogenes Leben geführt. Dem Jugendamt waren sie nicht bekannt. Bevor Sinatou ums Leben kam, hatte die Stiefmutter sie noch von dem Kindergarten abgemeldet, den das Mädchen besuchte. Das Kind habe „Schnupfen“, soll die 57-Jährige angegeben haben.

Eine der wenigen offenen Fragen in diesem Verfahren war nach der Tat, ob es sich bei dem aus Togo stammenden Ehemann der 57-Jährigen um den leiblichen Vater handelt. Ein Vaterschaftstest hat das inzwischen bestätigt. Der Mann hielt sich zum Tatzeitpunkt in Afrika auf und war unmittelbar danach zurückgekehrt.

Der 48-Jährige, der mit der mutmaßlichen Täterin seit 2001 verheiratet ist und der wie Sinatou die deutsche Staatsbürgerschaft hat, hatte das Kind wohl gegen den Willen der leiblichen Mutter aus Togo nach Deutschland gebracht, um seiner Ehefrau eine Freude zu machen. Als wahrscheinlich gilt, dass der Ehemann in dem Prozess als Nebenkläger auftreten wird. Auch der 48-Jährige wird wissen wollen, warum Sinatou ihren fünften Geburtstag nicht mehr erlebte. Selbst wenn zu befürchten steht, dass das Sicherungsverfahren die Frage nach dem Motiv der 57-Jährigen nicht eindeutig wird beantworten können.