Essen. Essener Unternehmer ziehen zunehmend gegen Beleidigungen auf Facebook vor Gericht. Viele Firmen wissen allerdings nicht, wie sie mit Facebook-Posts ihrer Mitarbeiter umgehen sollen. Es geht nicht nur um Beschimpfungen, sondern auch um Krankgemeldete, die putzmunter Freizeitaktivitäten posten.

Eine Hasstirade auf den Chef – mit sieben Schimpfwörtern in drei Sätzen? Gibt’s auch schonmal in der Öffentlichkeit – sogar gleich vor großem Publikum. Denn das ist es ja nun mal, das Soziale Netzwerk Facebook, das soeben glorreich seinen zehnten Geburtstag feierte.

Mitarbeiter postet, er wolle seinen Chef "kaputt machen"

Tiere, die sich im Dreck suhlen, körperliche Ausscheidungen, zwielichtige Schwerverbrecher mit gewissen sexuellen Neigungen. – Das sind sanfte Umschreibungen dessen, womit der Mitarbeiter eines Unternehmens seinen Chef öffentlich verunglimpfte. „Kaputt machen“ werde er ihn, der faul sei und noch nie im Leben gearbeitet habe, schreibt der Mitarbeiter in seiner Facebook-Chronik.

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Mit diesem Eintrag kassierte er eine fristlose Kündigung – und sein Arbeitgeber einen erheblichen Imageschaden. Ein Fall von vielen, die mit den wachsenden Nutzerzahlen in Zukunft noch weiter zunehmen werden, meint Ulrich Kanders vom Essener Unternehmensverband (EUV). „Pro Woche bekommen wir ein bis zwei Anfragen von Unternehmen, die nicht wissen, wie sie mit Facebook-Posts ihrer Mitarbeiter umgehen sollen“, erzählt der EUV-Hauptgeschäftsführer. Dabei gehe es nicht immer um solch harte Beschimpfungen. Sondern auch um Fälle, bei denen Mitarbeiter offiziell mit Grippe im Bett liegen und am gleichen Tag von Facebook in München geortet werden und Fotos vom Viktualienmarkt posten.

Ähnlich leichtsinnig veröffentlichen viele der rund 25 Millionen deutschen Nutzer des weltweit größten Sozialen Netzwerks ihre persönlichen Empfindlichkeiten gegenüber Kollegen und Chefs im Internet.

In Essen sind es rund 410.000 User, die regelmäßig auf Facebook online gehen.

Welche Rechte gelten für Facebook-Einträge? 

Doch dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern bei Beleidigungen grundsätzlich immer fristlos kündigen? „Eigentlich ist es ganz einfach“, erklärt Ulrich Kanders. „Alles was im normalen Gegenüber zur Kündigung führen kann, gilt auch in den Sozialen Netzwerken als grenzwertig“, erklärt der Rechtsanwalt. Also klassische Beleidigungen, Verleumdungen, Unwahrheiten. Denn Facebook sei nun mal eine besondere Plattform. „Unter guten Freunden darf ich im persönlichen Gespräch ja ruhig auch mal emotional werden“, sagt Kanders, „wenn bei Facebook aber gleich 186 Freunde mitlesen, ist das eben kein vertraulicher Kreis mehr“.

Zunächst das Gespräch suchen

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Der EUV reagierte auf die gehäuften Rückfragen von Unternehmen zu dieser Problematik mit einem Leitfaden rund um Fehlverhalten, Kündigung und was es noch zu beachten gilt, wenn Unternehmen auf das Web 2.0 treffen.

„Prinzipiell raten wir den Unternehmen immer zuerst mit ihren Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen und ihnen unter gewissen Bedingungen auch noch eine zweite Chance zu geben“, erklärt Ulrich Kanders. Es gäbe allerdings „Beleidigungsqualitäten“, bei denen kein Gespräch mehr hilft. „Wenn ich meinen Chef beispielsweise als „Hitler oder KZ-Drücker“ beschimpfe, ist eine fristlose Kündigung unabdingbar“, stellt der Fachanwalt für Arbeitsrecht fest. Momentan sei die juristische Auseinandersetzung mit solchen Fällen in Deutschland noch Neuland, erklärt Ulrich Kanders. In ein paar Jahren habe man aber auch hierfür eine juristische Systematik entwickelt, so dass sich Arbeitgeber nicht mit jedem Fall neu „herumschlagen“ müssten.