Essen. Hurra, hurra, auf der Bühne brennt’s: Oberhausener Chemie-Schüler kommen zum Anschauungsunterricht ins Schauspiel Essen. Dort geben Pyrotechniker einen spannenden Einblick in die Welt von Schwarzpulver und Knalleffekten. Wann hat man schon Gelegenheit, es im Schulalltag richtig krachen zu lassen?
Theater kann hochexplosiv sein. Fabian und Tim halten sich vorsorglich schon mal die Ohren zu. Was da gleich auf der Bühne losgeht, das sind nämlich keine sensiblen Goethe-Verse und kein pädagogisch-wertvolles Grips-Programm, sondern Kracher, Böller und Kanonen.
„Hurra, hurra, im Theater brennt’s“, heißt es, wenn die Siebtklässler des Oberhausener Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums zum Anschauungsunterricht ins Schauspiel Essen kommen. Die Kooperation mit den Theaterpädagogen der Theater und Philharmonie erfreut sich höchster Beliebtheit bei den Chemie-Schülern. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, es im Schulalltag richtig krachen zu lassen? Im Unterricht reden sie gerade darüber, wie Kupfer- und Kobalt-Ionen Feuerfontänen schön bunt machen. Chemie-Lehrer Gottfried Voigt liefert das theoretische Wissen zum Knalleffekt, „aber wir geben den Schülern natürlich keine Rezepturen für Schwarzpulver.“
Der Thrill auf der Bühne ist besonders groß
Die kennt dafür Wolfgang Stabe. Stabe ist nicht nur Galileo-Experte für alles Hochexplosive im Fernsehen, sondern auch der Mann fürs Knallende und Qualmende, wenn Theater und Film nach speziellen Pyroeffekten rufen. An diesem Vormittag haben der Sprengstoffexperte und sein Kollege Ralf Kuisle von der Schauspiel-Requisite groß aufgefahren: Lassen Kanonen auf die Bühne rollen und historische Handfeuerwaffen zünden, bis die ein odere andere Patronenhülse als Trophäe in die Schultasche wandert.
Manche Zündvorrichtung knallt nicht gleich im ersten Versuch, aber diese Situation kennt Stabe; „Wir leben ja immer mit der Sorge, dass ein Effekt nicht funktioniert.“ Dafür, erklärt Stabe, ist der Thrill auf der Bühne besonders groß und live. „Man sollte im Leben unbedingt mehrmals ins Theater gehen.“ Moritz war schon da, aber die Hand hat ihm dabei noch nie gebrannt. Nun meistert der Zwölfjährige seinen ersten Bühnen-Stunt mit leicht „mulmigem Gefühl“ und viel Glyzerin in der Handfläche. Die Feuerwehr hat an diesem Morgen ein Extra-Auge drauf, sicher ist sicher.
Im Publikum steigt die Fieberkurve
Denn noch größer als die Angst, dass ein Effekt auf der Bühne nicht funktioniert, ist am Theater die Sorge, dass beim Einsatz von Pyrotechnik den Künstlern etwas passiert. Stabe hat nicht nur Verpuffungen auf Funkenmariechen-Frisuren erlebt, denen das Botangas im Haarspray zum Verhängnis wurde, sondern weiß aus eigener Erfahrung, wann’s brenzlig wird.
Beim letzten Dreh in Tobago ist ein Funke übergesprungen und hat den Mann in Flammen gesetzt. „Glücklicherweise war das Meer nur zwei Meter entfernt.“ Da steigt auch im Publikum die Fieberkurve. „Das ist wie Achterbahnfahren, man hat ein bisschen Angst, aber dann macht’s doch Spaß“, findet Michelle, während auf der Bühne das Flammen-Ballett tanzt. Silvester mitten im Januar, das Schuljahr hat gut angefangen.
Feuerzauber im Theater