Essen. Schmissiger Balkan-Sound, knackige Grooves und expressives Trommeln: Das 18. JOE Festival präsentierte deutschen Jazz auf höchstem Niveau. Dazu gaben sich drei Legenden des europäischen FreeJazz die Ehre.

Reife Leistung beim 18. JOE Festival: Dem dreitägigen Festival im Katakomben-Theater gelang nichts geringeres, als eine durchaus repräsentative Momentaufnahme der aktuellen deutschen Jazzlandschaft vorzuführen.

Eröffnet wurde das Musiktreffen von der umjubelten „Roman Babik Urban Wedding Band“ mit nur vordergründig simplen Balkan-Sounds. Einige tanzten, die meisten jedoch lauschten fasziniert dem jazzigen Subtext, der von Babiks markantem Klavierstil geprägt war und in seinen Soli subtiles Latin-Flair versprühte. Intellektueller groovte dagegen ganz allein der Bass-Saxophonist Andreas Kaling, der Tieftönendes mit perkussivem Klappenspiel und Kehlkopfgesang zu Klanglandschaften von eher spröder Schönheit verband.

Als die wohl bezauberndste Entdeckung des Festivals erwies sich das deutsch-japanische Trio „Kokotob“, das mit Flügel (Nico Meinhold), Vibra- und Marimbaphon (Taiko Saito) sowie Bassklarinette (Tobias Schirmer) eine äußerst delikate Melange aus freier Improvisation, Neuer Musik und asiatisch Inspiriertem servierte.

Ganz große Klangkunst und Maß aller Dinge

Liebhaber von Spitzenklöppeleien kamen auch bei der „Spöring Band“ auf ihre Kosten: Tarik Dosdogru und der Gitarrist Jan Bierther illustrierten lässig swingend die poetischen Großstadtgeschichten der Sängerin Imke Johanne Spöring. Ein klug platzierter Show-Stopper, denn die rockigen Grooves der heimischen Combo „What A Waste Of Beauty“ verlangten klar einen stilleren Kontrapunkt vor dem mit Spannung erwarteten Auftritt dreier Legenden des europäischen FreeJazz.

Vom ersten Ton an spürte man beim seit 1972 bestehenden „Alexander von Schlippenbach Trio“ jene wundersame Intimität, die nur durch langjährige Vertrautheit entsteht. Entrückend schön die Dialoge des 75-jährigen Pianisten mit dem in sich ruhenden Tenorsaxophonisten Evan Parker (69), die Paul Lovens am Schlagzeug hingebungsvoll strukturierte. Ganz große Klangkunst und Maß aller Dinge für junge Improvisationsmusiker.

Grandioser Schlusspunkt

Dass die freilich längst und zu Recht ihr eigenes Ding machen, bewies eindrucksvoll der Samstag. Mitreißend dynamisch „Max Andrzejweskis Hütte“, überraschend verträumt als Gitarre-Bass-Drums-Abenteuer das „Melt Trio“, und aberwitzig „Christian Lillingers Grund“: Da röhrten über den Fundamenten zweier Bassisten und Lillingers expressivem Getrommel die beiden Bläser voller Lust. Grandioser Schlusspunkt des 18. JOE Festivals, das souverän aufzeigte, warum junger Jazz aus Deutschland längst international wettbewerbsfähig ist.