Essen. Großartige Überraschung für zwei Dutzend Folkwang-Musikschüler in Essen: Sie konnten Musiker des Chicago Symphony Orchestra bei der Arbeit belauschen. Der einzige Deutschland-Auftritt in Essen fand viele prominente Zuhörer.
Es galt schon im Vorhinein als eines der großen Konzertereignisse der Saison. Eines, zu dem auch Außenminister a.D. Guido Westerwelle, Bildhauer-Star Tony Cragg und der ehemalige NRW-Finanzminister Helmut Linssen nach Essen gekommen waren. Doch bevor sie Dirigenten-Legende Riccardo Muti und das Chicago Symphony Orchestra am Donnerstagabend beim einzigen Deutschland-Auftritt der laufenden Tournee in der Philharmonie feiern konnten, hatten zwei Dutzend S-Klässler der Folkwang Musikschule die einmalige Gelegenheit, mit einigen der Ausnahme-Musikern ins Gespräch zu kommen.
Das unerwartete Education-Angebot des amerikanischen Spitzenorchesters, das am Vormittag bereits eine Musiker-Abordnung in die Werdener Folkwang Uni entsandt hatte, begeisterte nicht nur die Hanneforth-Schwestern Anna-Li und Sarah-Li, die vor allem von der lockeren Selbstverständlichkeit schwärmten, mit der die fünf Orchester-Musiker sich präsentierten. Wann hört man schließlich schon mal von einem Geigen-Ass, dass auch der Beruf des Tierarztes oder Animations-Zeichners vorstellbar gewesen wäre, bevor es auf den Orchester-Olymp ging. Und dass man nie im Leben sooo aufgeregt war wie beim ersten Konzert mit „ihm“, dem Meister, Muti. „Er sieht alles“, erklärt Sylvia Kilcullen, die schon mit zweieinhalb das Geigespielen begonnen hat. „Wow“ raunt es da durch den Raum. „Na ja“, lächelt Kilcullen, „mein Vater war Geigenbauer. Da war das wohl natürlich.“
Rock'n'Roll unter der Ägide von Riccardo Muti?
Bei der Frage „Wer von euch möchte denn Berufsmusiker werden?“ gehen allerdings nur wenige Finger hoch. Viele der jungen Folkwang-Geiger, Pianisten und Trompeter im Saal mögen ahnen, was es bedeutet, vier oder fünf Mal bei den vom Orchester veranstalteten Auditions vorzuspielen, bis es mit einem Job in Amerikas „Big Five“-Orchester klappt. Big Five heißt Renommee und Reisen, heißt Weltgeltung. Vier bis sechs Wochen im Jahr sind sie unterwegs. So Young Bae ist seit drei Jahren dabei. Die junge Koreanerin war eine von 200, die sich damals auf einen Orchesterplatz beworben hat, jetzt sitzt sie zusammen mit Bratschistin Weijing Wang und Cellist Daniel Katz auf der Bühne und spielt - Little Richard.
Rock’n’Roll unter der Ägide von Riccardo Muti? Das junge Publikum staunt, doch dieses ungewöhnliche Bildungs-Quintett ist mit einem ganz eigenen Programm unterwegs, um das Publikum von morgen für den Konzertsaal zu gewinnen. Sie spielen Tango, Jazz und Bill Frisell, aber auch Kreisler und Mozart. Der einzige Komponist, der in diesem Programm nicht überarbeitet daherkommt. Dan Armstrong, Kontrabassist der Gruppe, schreibt die Spezial-Arrangements mit Begeisterung. Erst recht, seit man sowas am Computer erledigen kann, schmunzelt der gebürtige Kanadier. An diesem Mittag muss er allerdings viele Male den Stift zücken – um den Folkwang-Schülern Autogramme zu geben.