Essen. Beim Stadtgespräch der CDU ging es um das Thema „Kultur interkulturell – Was leistet die Kultur für eine bunter werdende Stadtgesellschaft?“ Das Schauspiel Essen plant Gastspiel im Katakomben-Theater von Kazim Calisgan. Die Aufführung ist auf Persisch, aber kein ausgewiesenes Migrationsprojekt.
Wer bin ich und wenn ja, wie heißt das eigentlich? Biodeutscher, Ur-Ruhri, Eingeborener? Schon die Begriffsfindung sorgte beim Stadtgespräch der CDU zum Thema „Kultur interkulturell – Was leistet die Kultur für eine bunter werdende Stadtgesellschaft?“ für einigen Gesprächsstoff. Und wie nennt man die anderen? Menschen mit Migrationshintergrund, Einwanderer, Neu-Essener?
Und was ist eigentlich alles Kultur? Shakespeare und Beethoven, ein Begrüßungs-Besuch bei neuen Nachbarn oder einfach nur Völkerverständigung auf dem Fußballplatz? „Diese Etikettierungen sind ja gruselig“, sagt auch Kulturdezernent Andreas Bomheuer, der sich eines ins Konzeptpapier geschrieben hat. „Wir wollen keine Parallelstrukturen mehr.“
Also doch kein „Faust“ auf Türkisch und kein Extra-Fördertopf für Tanz-Folklore, sondern einfach mehr Begegnungsräume, mehr Respekt und Teilhabe, mehr Verständigung der Milieus untereinander und überhaupt niedrigere Zugangsschwellen für jene, die man gern verallgemeinernd als bildungs- und damit theaterferne Schichten beschreibt?
Schauspiel Essen - Theaterpädagogik mit 100 bis 150 Schulklassen pro Jahr
Was auch immer die so Bezeichneten vom Besuch einer etablierten Kulturstätte wie Aalto-Oper oder Museum Folkwang abhält – die Antworten scheinen komplex und manchmal doch zu einfach. Die Sprachbarriere will Sadik Cicin, Mitglied des Integrationsrates, nicht unbedingt gelten lassen. „Ich bin Essener“, sagt Cicin jedem, der ihn nach seiner „eigentlichen“ Heimat fragt. „Aber vielleicht interessiert viele einfach nicht das Angebot.“
Wie gut Konzepte niedrigschwelliger Kulturvermittlung dabei gerade im pädagogischen Bereich greifen, kann man im Schauspiel Essen sehen, wo die Theaterpädagogik mit 100 bis 150 Schulklassen pro Jahr arbeitet. Entgegen der landläufigen Erwartung kämen die meisten Schulen nicht aus dem Süden, sondern aus dem Norden der Stadt, weiß Frank Röpke.
Aufführung auf Persisch im Katakomben-Theater in Essen
Als nächstes plant das Schauspiel ein Gastspiel im Katakomben-Theater von Kazim Calisgan, erzählt Grillo-Intendant Christian Tombeil. Die Aufführung ist auf Persisch, aber bewusst kein ausgewiesenes Migrationsprojekt.
Wie leicht aus wohlmeinender Vermittlung gleich wieder kulturelle Abgrenzung werden kann, davor warnen auch Kunstschaffende wie die Essener Tanzfestivalmacherin Jelena Ivanovic. „In der Kunst interessiert die Herkunft des Namens eigentlich nicht.“
Dass bei allen guten Absichten die Kunst aber vor allem eine Frage der Finanzen ist, darin waren sich am Ende alle einig. Und deshalb hat Cicin die Stadt auch gleich um „Professionalisierung der Kulturvereine“ in Sachen Antragstellung gebeten. Papierkram zu erledigen, das ist zumindest „typisch deutsch“.