Essen. Die Sieger des Bürgerentscheids fühlen sich stark genug, um der Gegenseite die Hand zu reichen: Ein neuer, bescheidener Anlauf bei der Modernisierung brauche aber Zeit und frühe Beteiligung der Bürger.
Der Bürgerentscheid ist entschieden, nach einem Wort des Oberbürgermeisters am Wahlabend gilt es nun, „den Schaden zu begrenzen“. Aber wie? CDU, FDP und das Essener Bürgerbündnis (EBB) formulierten klare Erwartungen an die Adresse der Sieger: „Wir fordern die Initiatoren des Messe-Bürgerbegehrens und in erster Linie die Grünen klipp und klar auf, jetzt Farbe zu bekennen und die Eckpunkte ihres „Plan B“ für die Modernisierung der Messe vorzulegen.“
Es gelte zentrale Fragen zu beantworten: Wie sieht das Geschäftsmodell aus? Welche Ausstellungsfläche soll zur Verfügung stehen? Und vor allem: Was darf eine Modernisierung denn kosten? Ob ein Plan B einen Eingriff in den Grugapark ausschließe, ist als rhetorische Frage zu bewerten. Die Grünen hatten stets zur Bedingung gemacht, dass es einen solchen Eingriff nicht geben darf, der in Essen aber generell als nicht durchsetzbar gilt. Der zunächst ins Auge gefasste Bau einer neuen Messehalle zulasten der Gruga war früh gescheitert.
CDU, FDP und EBB gehen nach dem Streit um die Modernisierung davon aus, dass die Grünen das Viererbündnis im Rat „offenbar verlassen haben“. In der Messe-Frage reichen die Grünen den übrigen Ratsfraktionen immerhin die Hand, was ihnen nach dem Sieg beim Bürgerentscheid aus einer Position der Stärke leicht fallen mag. „Wir werden verantwortungsvoll mit diesem Erfolg umgehen“, versicherte gestern Fraktionssprecherin Hiltrud Schmutzler-Jäger.
Das knappe Abstimmungsergebnis bedeute, „dass man jetzt gemeinsam eine konstruktive Lösung zur Weiterentwicklung der Messe suchen muss“. Schnell werde das aber nicht gehen. „Aus „Respekt vor dem Bürgerwillen“ müsse die Suche nach einer konstruktiven Lösung „möglichst transparent und mit Bürgerbeteiligung gestaltet werden“, forderte Schmutzler-Jäger.
Hadern mit dem Instrument Bürgerbegehren
Noch am Wahlabend hatte Reinhard Paß die Frage aufgeworfen, „wo Bürgerentscheide ihre Grenzen haben“. Erst im Jahr 2011 hatte die rot-grüne Landesregierung das für einen erfolgreichen Bürgerentscheid nötige Quorum gesenkt. Bis dahin hätten 20 Prozent der Wahlberechtigten für den Bürgerentscheid stimmen müssen, seither reichen 10 Prozent - was in Essen 45 690 Stimmen entspricht. Mit den 66 066 Jastimmen nahm der Bürgerentscheid diese Hürde locker, die 20 Prozent hätte er indes klar verfehlt.
Sozialdemokrat Paß hadert nun mit der Gesetzgebung seiner Parteifreunde; bei einer knappen Wahlbeteiligung treffe eine sehr kleine Minderheit Entscheidungen von großer Tragweite: „Wenn 70 Prozent der Essener nicht abstimmen, heißt das ja nicht, dass es eine Mehrheit gegen den Messe-Umbau, sondern dass es eine unentschlossene Mehrheit gibt.“