Gegner des Messe-Umbaus bejubeln "Sieg der Demokratie"
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Essen. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens zum Messe-Umbau feierten ihren Sieg im „Panoptikum“. An die Verlierer richten sie den versöhnlichen Appell, aufeinander zuzugehen. Professor Wilfried Breyvogel findet: „Die Stadt ist eine andere“.
Die Stimmen sind noch nicht vollständig ausgezählt, nur noch ein einziger der 200 Abstimmbezirke fehlt. Doch die Aktivisten im Panoptikum spüren: Die Sensation, sie liegt in der Luft. Als sie um Punkt 19.51 Uhr amtlich ist, verwandelt sich die Szenekneipe am Gerlingplatz in ein Tollhaus. Grüne und Linke, Sozialdemokraten und Alt-Kommunisten mit DKP-Sticker, sowie viele Parteilose fallen sich siegestrunken in die Arme. Bei einigen kullern sogar Freudentränen. Wie etwa bei Herbert Bußfeld, dem Vorsitzenden der DJK SG Altenessen, der schon drei Bürgerentscheide verloren hat. „Wunderbar, dass ich das noch erleben darf“, sagt der 64-Jährige und trocknet seine Augen.
Das Panoptikum - in der Weimarer Republik hieß es „Eldorado“ und war ein bekanntes Schwulen-Lokal - ist an diesem historischen Sonntag Hauptquartier der „Ja-Sager“. In historischen Dimensionen denkt in der Stunde des Sieges jetzt auch Professor Wilfried Breyvogel, einer der Initiatoren des Bürgerentscheids. „Die Stadt“, sagt er ohne den geringsten Anflug von Euphorie, „die Stadt ist eine andere geworden.“ Und fügt mit ruhiger Stimme hinzu: „Spätestens bei der Kommunalwahl im Mai wird sich zeigen, wie sehr sich die politische Landschaft in Essen verändert hat.“ Rolf Fliß, der grüne Bürgermeister, hingegen findet große Worte. Er sagt: „Das ist ein Sieg der Demokratie.“
"Ein Sieg der Vernunft"
Fast zwei Stunden lang herrscht im Panoptikum eine Stimmung, so spannungsgeladen wie bei einem WM-Finale. Gut 100 Aktivisten erleben das Herzschlagfinale. Zwei Groß-Leinwände sind aufgebaut, das Bier strömt, und weil sonntags immer „Burger-Tag“ ist, finden die Klopse reißenden Absatz. Als der grüne Balken der Ja-Sager auf der Leinwand einen komfortablen Vorsprung von gut 600 Stimmen signalisiert, ist Rolf Fliß sicher: „Das müsste reichen.“ Und er wird Recht behalten. Gerne erinnert er daran, dass der Bürgerentscheid im Vorfeld zum David-gegen-Goliath-Duell hochstilisiert worden sei. „Aber aus der Geschichte wissen wir aber, dass David seine Chancen genutzt hat. Das sage ich ohne jede Häme.“
So groß die Freude der Sieger, so stark auch ihre Appelle an die Seite der Verlierer, endlich zum Dialog zurückzukehren. „Der knappe Ausgang bedeutet, dass beide Seiten aufeinander zugehen müssen“, so Grünen-Chef Mehrdad Mostofizadeh (MdL). Während Professor Breyvogel jetzt die Politik am Zuge sieht, meint der Grünen-Chef, dass der Ball im Spielfeld der Messe liegt. „Sie muss jetzt Plan B vorlegen.“
Die meisten sehen im sensationellen Ausgang des Bürgerentscheids eine „schwere Schlappe für OB Paß“. Sie nehmen dem SPD-Stadtoberhaupt übel, dass es nur auf eine Karte gesetzt hat. Peter Weckmann, der einzige „Ja-Sager“ unter den vier Essener SPD-Landtagsabgeordneten, sagt: „Das war keine Schlappe für Paß, sondern ein Sieg der Vernunft. Die Menschen wollen sich nicht für dumm verkaufen lassen.“
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