Essen. Vier Jahre nach seiner Eröffnung auf Zollverein ist das Ruhr Museum ein Publikumsmagnet. Die eigenen Kalkulationen wurde damit weit übertroffen

Es kommt nicht alle Tage vor, dass es in Kultureinrichtungen sehr viel besser läuft als erwartet. Umso erfreulicher ist die Zahl, die gestern im Ruhr Museum gefeiert wurde: Bereits vier Jahre nach der Eröffnung der Dauerausstellung „Natur. Kultur und Geschichte des Ruhrgebiets“ und damit weit früher als erwartet, hat der einmillionste Besucher die Kasse passiert. Kirsten und Gerd Boesch aus Gelsenkirchen sind dabei echte Dauergäste in der Dauerausstellung. Die 70-jährige Lehrerin und der 69-jährige Apotheker haben schon etliche Male Freunde nach Zollverein geführt.

Damit liegt das Ruhr Museum inzwischen weit über der eigenen Kalkulation: Mit jährlich 150 000 Besuchern hatte man in den ersten fünf Jahren gerechnet, um kostendeckend zu arbeiten. Allerdings hatte schon das Kulturhauptstadtjahr 2010 mehr als 400 000 Gäste in die ehemalige Kohlenwäsche gezogen. Seitdem liegen die Publikumszahlen kontinuierlich bei 200 000 Besuchern im Jahr. Für Museumsdirektor Theo Grütter hat sich die Entscheidung, das ehemalige Ruhrlandmuseum vom Standort Goethestraße abzuziehen und auf Zollverein zu etablieren, damit als goldrichtig erwiesen. „Wir haben hier die vierfachen Besucherzahlen im Vergleich zum alten Standort.“

Das Geheimnis des Erfolges: Lage, Lage, Lage. „Wir profitieren schon sehr vom Standort Zollverein“, sagt Theo Grütter. Und umgekehrt. Die viel beschworenen Synergieeffekte greifen am Welterbe bestens. Dazu kommt eine touristische Aufmerksamkeit, die das Ruhrlandmuseum nicht gekannt hat. „An der Goethestraße waren wir ein Spezialmuseum für historisch Interessierte“, sagt Grütter. Jetzt habe man einen Auftrag für die Gesamtbetrachtung der Region mit all ihren geologischen und archäologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Rund die Hälfte der Besucher kommt aus dem Ruhrgebiet und angrenzenden Regionen. Ein weiteres Viertel sind deutsche Touristen, der Rest kommt aus dem Ausland, vor allem aus den Benelux-Staaten, aber auch Japaner und Chinesen.

Was sie eint, ist das Interesse an der Ruhrgebietsgeschichte, und die, so der Museumschef, biete auch in den nächsten Jahren reichlich Ausstellungsstoff, „uns gehen die Themen nicht aus“. Mit seiner enormen Zahl an kultur- und naturhistorischen Exponaten und den einzigartigen fotografischen Beständen könne man fast jedes Thema an der Region festmachen, von der Eiszeit bis zur Geschichte des Pop im Pott. Die Dauerausstellung soll erst 2020 grundlegend überarbeitet werden, wenn die Steinkohleförderung in Deutschland endgültig Geschichte ist.

Um die Besucher-Zahlen kontinuierlich hoch zu halten, müsse man aber weiterhin interessante Sonderausstellungen präsentieren. Die große Chargesheimer-Retrospektive im kommenden Jahr dürfte ihr Publikum finden. Fast parallel erinnert man in der Kokerei Zollverein an den Beginn des 1. Weltkrieges mit „1914 - Mitten in Europa“.

Kirsten und Gerd Boesch dürfen dann wieder öfters nach Zollverein kommen. Neben allen Katalogen der vergangenen Ausstellungen durften sie sich gestern auch über lebenslangen freien Eintritt im Ruhr Museum freuen.