Essen. Die neue Synagoge an der Sedanstraße gehört mit ihrem Kuppelbau zu den außergewöhnlichen Bauwerken der Stadt Essen. Ein Kunstführer stellt das Kleinod vor.

„Die neue Synagoge steht manchmal im Schatten der Alten Synagoge. Dabei braucht sie sich gar nicht zu verstecken“, leitet der CDU-Politiker Thomas Kufen, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Essen - Tel Aviv, die Präsentation des frisch gedruckten kleinen Kunstführers über das jüdische Gotteshaus an der Sedanstraße ein.

Die Historikerin Elfi Pracht-Jörns, eine ausgewiesene Kennerin deutsch-jüdischer Geschichte, hat sich auf 32 Seiten nicht nur mit der Architektur, sondern auch mit den Hintergründen des Bauwerkes beschäftigt. Außergewöhnlich in seiner Form, ist die 1998 zum Baudenkmal erhobene Synagoge europaweit einzigartig, lautet ihr Fazit. Wahrscheinlich aber soll der halbkugelige kreisförmige Synagogenbau, von den Essener Architekten Dieter Knoblauch und Heinz Heise entworfen und 1959 eingeweiht, nach dem Vorbild einer in Cleveland/Ohio erbauten Synagoge errichtet worden sein.

Wiederaufbau viel zu teuer

Für die im Jahr 1959 gerade einmal 275 Mitglieder der jüdischen Gemeinde stellte sich kaum die Frage, ob sie die monumentale Synagogen-Ruine am Steeler Tor erneut nutzen wollten. Das Gebäude mit seinen 1400 Plätzen war zu groß, ein Wiederaufbau viel zu teuer. Also entschied man sich mutig für einen Neubau mit angeschlossenem Gemeindezentrum, obwohl man nicht wusste, wie und ob sich überhaupt jüdisches Leben in der Stadt wieder entwickeln würde. Der Standort an der Sedanstraße wurde nicht zufällig gewählt: Bis zu seiner Zerstörung im November 1938 stand dort das Jüdische Jugendheim.

Rheinischer Verein gibt die Kunstführer heraus

Der Rheinische Verein für Denkmalpflege hat den kleinen Kunstführer „Die neue Synagoge Essen“ herausgegeben. Er ist für 3 Euro im Handel erhältlich.

Zehn weitere Essener Stätten, darunter das Amerikahaus, die Isenburg und das Moltkeviertel, sind in der Reihe bereits erschienen. Infos: www.rheinischer-verein.de

Und so entstand ein architektonisches Kleinod, dessen Schönheit erst innen sichtbar wird. Dazu gehört der helle Betsaal der Synagoge mit den symmetrisch angeordneten farbigen Glasfenstern, die an ein Firmament erinnern. Die vom Boden aufragende Kuppel vermittelt den Menschen, die hier beten, Geborgenheit.

Begrüntes Atrium

Bemerkenswert sind auch die von Kurt Lewy gestalteten Buntglasfenster im Gemeindehaus, die Mikwe (Ritualbad) im Untergeschoss und das begrünte Atrium mit Magnolienbaum, Brunnen, Gedenkstein und festem Platz für die Laubhütte. Doch inzwischen ist auch die neue Synagoge in die Jahre gekommen und muss in großen Teilen renoviert werden. Dabei hat sie sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr mit Leben gefüllt, wie Jewgenij Budnizkij, Vorsitzender der jüdischen Kultus-Gemeinde, stolz berichtet: 930 Mitglieder sind es heute. Für viele ist die neue Synagoge mit dem angeschlossenen Gemeindezentrum ein wichtiger Ort jüdischen Lebens geworden. 2008 wurde hier die erste Hochzeit seit der Shoa gefeiert.