Essen. Gesundheitswirtschaft: Forschungsinstitut feiert zehnjähriges Jubiläum - in neuem Domizil.
Dies ist mal wieder so eine Geschichte aus der Reihe „Versteckte Riesen“. Vielleicht nicht, wenn man die nackten Zahlen betrachtet, aber in Sachen Bedeutung und Zukunftspotenzial.
Es geht um Gesundheitsökonomik, die wissenschaftliche Betrachtung der Medizinwirtschaft. Man muss heutzutage niemandem mehr erklären, dass Medizin vor allem eine Frage des Geldes ist. Stichwort Praxisgebühr. Stichwort Zuzahlung. Stichwort, Stichwort, Stichwort. Gerade mal vier wissenschaftliche Forschungszentren gibt es in Deutschland, die sich mit diesen Fragen akademisch befassen und unterstützt werden vom Bundesgesundheitsministerium, und eins davon – sitzt in Essen.
Das Forschungszentrum „Cinch“ der Uni Duisburg-Essen, angesiedelt bei den Wirtschaftswissenschaften, hat gestern offiziell seinen zehnten Geburtstag gefeiert. „Cinch“ steht für „Competent in Competition and Health“. Im Sommer 2011, nach der Renovierung von Alter Synagoge und dem Rabbinerhaus, in dem Jahrzehnte das Stadtarchiv untergebracht war, zog das „Cinch“ dort bereits ein, genau wie das Steinheim-Institut der Uni, das die Geschichte der Juden im deutschen Sprachraum erforscht.
Gründungskern bildete Professur der Kruppstiftung
Erst jetzt, zum zehnten Geburtstag, wurde es nach Ansicht der Beteiligten Zeit für einen offiziellen Festakt: „In bemerkenswert kurzer Zeit hat sich das ,Cinch’ zu einem national und international sichtbaren Forschungszentrum entwickelt“, lobte Volker Clausen, Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni. Den Gründungskern bildete eine Professur der Kruppstiftung, Jürgen Wasem machte mit seinem neuen Lehrstuhl „Medizinmanagement“ im Sommersemester 2003 den Anfang.
Spontaner Applaus kam am Dienstag beim Festakt auf, als Dekan Clausen lobend erwähnte: „In zehn Jahren hat Wasem nicht weniger als 17 Millionen Euro Drittmittel eingeworben.“ (Kleine Anmerkung: Daran kann man ganz gut sehen, dass monetäre Angelegenheiten nicht nur im Medizin-, sondern auch im wissenschaftlichen System heute eine bedeutende Rolle spielen.)
Wie auch immer: Das Forschungszentrum „Cinch“ hat drei Master-Studiengänge aufgebaut, in die rund 200 Studierende eingeschrieben sind, „Gesundheitsökonomie und Medizinmanagement“ sowie einen, der sich an Wirtschaftswissenschaftler und ein anderer, der sich an Mediziner richtet.
Grundlagen der Medizinökonomik
Jeder Medizinstudent erhält im fünften Semester einige Grundlagen der Medizinökonomik an diesem Institut, und Wasem erinnerte am Rand der Veranstaltung daran, dass „es bis zum Anfang der Neunziger Jahre paradiesische Zustände waren. Krankenhäuser erhielten alle Kosten von den Kassen erstattet, es galt das ,Selbstkostendeckelungsprinzip’.“ Dass Ärzte heute sich nicht nur in medizinischen, sondern auch in Budget-Fragen auskennen müssen, nennt Wasem heute noch „einen schmerzlichen Prozess“.
Das Auskommen des „Cinch“-Instituts ist in den nächsten vier Jahren mit jeweils 2,5 Millionen Euro aus Berlin gesichert. Es gibt Pläne, deutete Dekan Clausen an, weiter zu wachsen. Als nächstes steht die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie an. Sie findet statt – in Essen.