Essen. Die Initiatoren des Messe-Bürgerbegehrens kritisieren das Verhalten von Oberbürgermeister Paß und fordern einen Dialog. Die Trennung von Amt und Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender der Messe gelinge Paß nicht, bei keinem Termin versäume dieser es, für die Messe und gegen den Bürgerentscheid Stellung zu beziehen, so die Initiatoren.
Nur ein Gespräch. Ein offener Austausch über Zahlen und Fakten, vielleicht am Ende ein Ausloten, ob nicht doch noch ein Kompromiss möglich wäre. Doch während die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Messe-Umbau nicht um jeden Preis“ immer wieder ihre Bereitschaft zum Dialog bekunden, „kommt vom Oberbürgermeister keine Antwort“, sagt Professor Wilfried Breyvogel, einer der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, das am 19. Januar 2014 auf den Bürgerentscheid zusteuert. Selbst Stadtkämmerer Lars Martin Klieve habe ein Gespräch nicht abgewiesen, aber sofort deutlich gemacht, dass er an die Weisung des OB gebunden sei. „Wir erhalten nicht einmal von den Fachabteilungen der Stadt eine Reaktion“, sagt Breyvogel, der sich darüber wundert, dass Reinhard Paß für sich in Anspruch nehme, Oberbürgermeister aller Essener Bürger zu sein, nur ganz offensichtlich nicht der Essener, die für das Begehren einstehen.
Alles andere als professionell
Die Trennung von Amt und Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender der Messe gelinge ihm nicht, bei keinem Termin versäume es Paß, für die Messe und gegen den Bürgerentscheid Stellung zu beziehen: „Das ist alles andere als professionell.“ Wilfried Breyvogel ist überzeugt: „Die Bürger merken das und sie verstehen ihren Oberbürgermeister in dieser Sache überhaupt nicht mehr.“
Zumal eine Vermittlung vor dem Bürgerentscheid möglich wäre, dies räume das Gesetz ein: „Eine Verbesserung der Messe wäre sofort möglich, wir würden das unterstützen“ betont Breyvogel. „Der Abriss der Zwischendecken, kurzfristige bauliche Verbesserungen wären schon für vielleicht drei Millionen Euro zu haben. Es würde auch dem neuen Messe-Chef Oliver P. Kuhrt neue Perspektiven eröffnen.“
Ohne Dialog aber bleibt es dabei, dass sich die Initiatoren des Bürgerbegehrens die Zahlen und Fakten selbst erarbeiten und Stadt und Messe vorwerfen, mit falschen Angaben zu den Finanzen und den Messeflächen zu agieren. Die permanenten Fehlinformationen würden mit „rhetorischer Parolenpolitik“ unterlegt, dabei habe der OB versprochen, „die Bürger mit allen notwendigen Informationen zu versorgen, um so eine Grundlage für eine ausgewogene Entscheidung zu schaffen“, wie Jens Wientapper, der als Experte das Bürgerbegehren unterstützt, zitiert.
Kein schlüssiges Konzept
„Das Gegenteil ist der Fall. Die tatsächlichen Kosten für den Messebetrieb werden versteckt, die Entwicklung der Zahlen, vor allem der Verluste ist besorgniserregend.“ Seit 1996 und bis 2016 dürften laut Wientapper und Breyvogel fast 600 Millionen Euro in die Messe abgeflossen sein: „Die Krupp-Stiftung beispielsweise hat seit 1967 rund 630 Millionen Euro eingesetzt. Wenn man sich einmal die Erfolge der geförderten Projekte vor Augen hält, wird einem erst das ganze Dilemma deutlich.“ Zu glauben, die Messe sei identitätsstiftend für Essen sei ein Irrtum: „Das dürfte dann wohl eher die Zeche Zollverein sein.“
Jens Wientapper hat sich auch mit den Zahlen der Hotelbranche beschäftigt, verweist auf das Roland Berger-Gutachten, das in Essen den Anteil der Messe an der Auslastung der Betten bei 7,6 Prozent sieht: „Selbst wenn ich von zehn Prozent ausgehe, liegt der Umsatzsteuer-Effekt für Essen bei rund 38.000 Euro, bei der Gewerbesteuer bei 182.500 Euro, insgesamt der Steuergewinn vielleicht bei einer Viertelmillion: „Das steht in keiner Relation zu den Millionensummen, die Jahr für Jahr in den Messehaushalt fließen.“
Vor diesem Hintergrund nun mindestens 123 Millionen Euro in die bauliche Ertüchtigung zu stecken und dazu den Verlustausgleich bis 2016 auf 13,5 Millionen Euro, danach bis 2021 auf 14 Millionen Euro pro Jahr klettern zu lassen, „dagegen wenden wir uns ganz entschieden“, sagen Wilfried Breyvogel und Jens Wientapper. „Wir wollen auch eine Messe, aber eine, die ein schlüssiges Konzept hat, mit einer Perspektive, sich selbst wirtschaftlich zu ertüchtigen. Und das sehen wir nicht.“