Essen. Ein Tanzabend von Pina Bausch kehrt nach über 30 Jahren wieder auf die Bühne zurück. An der Rekonstruktion haben auch Folkwang-Studenten mitgewirkt. Im Dezember geht das „Frühlingsopfer“ nach New York.

Als die weltberühmte Tanzschöpferin Pina Bausch im Sommer 2009 starb, da war schnell klar, dass die gefeierte Choreografin kein Testament hinterlassen hatte, aber ein großes Erbe, das in keinen Safe, kein Tanzmuseum gehört, sondern auf die Bühne. Nur die Tänzer können dieses Erbe lebendig halten, indem es gepflegt, bewegt und so lange wie möglich weiter gezeigt wird.

Wenn sich heute Abend im Aalto-Theater der Vorhang für das frühe Bausch-Werk „Wind von West“ hebt, wird man zum ersten Mal erleben, wie so eine aktive Repertoire-Rettung aussehen kann. Dominique Mercy, Protagonist der ersten Stunde und enger künstlerischer Mitarbeiter von Pina Bausch, hat den aufwendigen Rekonstruktions-Prozess begleitet. „Es ist das erste Mal, dass wir ein Stück erwecken, das so lange gelegen hat. Ohne Pina. Das war ein Lernprozess“

Zusammenarbeit mit Studierenden der New Yorker Juilliard School

1975 wurde der dreiteilige Strawinsky-Abend mit „Wind von West“/„Der zweite Frühling“ und „Frühlingsopfer“ in Wuppertal uraufgeführt, seit mehr als 30 Jahren war er in dieser Konstellation nicht mehr zu sehen. Glücklicherweise gibt es noch Tänzer wie Josephine Ann Endicott oder Vivienne Newport, die damals auf der Bühne standen. Sie haben ihre Erinnerungen nun an Tänzer weitergegeben, die jünger sind als viele berühmte Bausch-Klassiker. Für die beiden Folkwang-Studenten Linda Brothag und Jan Möllner war es deshalb eine ganz besondere Erfahrung, diese Mosaiksteinchen aus durchaus unterschiedlichen gefärbten Erinnerungen, früheren Aufzeichnungen und alten Videoaufnahmen zu einer neuen, alten Arbeit zusammen zu setzen. Im Dezember werden sie das Ergebnis auch in New York zeigen, denn das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Studierenden der New Yorker Juilliard School, neben der Folkwangschule die zweite Ausbildungsstätte von Pina Bausch.

Schritt zurück in die Zukunft

So ist dieses besondere, vom Tanzfonds Erbe ermöglichte Projekt zum 40. Jubiläum des Tanztheaters ein wichtiger Schritt zurück in die Zukunft. Ein Novum ist dabei, dass bei diesem Abend nicht Tänzer das Wuppertaler Tanztheater auf der Bühne stehen, sondern junge Studierende und Mitglieder des Folkwang Tanzstudios. Eine Ausnahme, die demnächst Praxis werden kann. Bald sollen auch andere Kompagnien die bislang traditionell an Wuppertal gebundenen Bausch-Stück zeigen können.

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Welche Nachfrage die frühen Arbeiten der 1970er dabei erfahren werden, als der Tanz bei Pina Bausch noch nicht dieser unvergleichliche Kosmos aus überbordenden Ideen, Bildern, Sätzen, heiteren Geschlechterkämpfen und hitzigen Gefühlen war, wird man sehen. Das ungemein kraftvolle archaische Stück „Le Sacre du printemps/Frühlingsopfer“ steht jedenfalls für den Ewigkeitsanspruch vieler Bausch-Arbeiten. 250 Aufführungen weltweit wurden seither gespielt. Die Begeisterung ist bis heute ungebrochen.