Essen. 25. November 1973: Es war der erste von bundesweit vier autofreien Sonntagen. Zu den Folgen in Essen zählten damals der Gästeschwund in den Ausflugslokalen, Trunkenheit am Zügel und volle Busse. Ein Rückblick.

Vor 40 Jahren, am Totensonntag 1973, es ist der 25. November, bleiben die Straßen leer: Der erste von vier bundesweiten „autofreien Sonntagen“ ist verhängt worden. Schuld ist die weltweite Öl-Krise. Die arabischen Staaten hatten ihre Drosselung in den Monaten zuvor erheblich reduziert; das Nachsehen hatten vor allem jene Länder, die aus Sicht der Opec-Staaten „israelfreundlich“ seien.

Die Polizei in Essen schreibt an diesem Sonntag wegen des Verstoßes gegen das Fahrverbot 26 Anzeigen, der schlimmste Unfall ereignet sich zwischen zwei Radfahrern. In Burgaltendorf versucht ein Mann, das Autoverbot auf tierische Weise zu umgehen: Er nimmt seine Pferde-Droschke. Problem bloß: Er ist betrunken. „Trunkenheit am Zügel“, schreibt die WAZ am Montag, 26. November 1973. Die Ausflugslokale schimpfen über „Gästeschwund“, 60 bis 70 Prozent Einbußen werden verzeichnet.

Konzert auf der A 40

Die Evag registriert „doppelt so starken Sonntagsverkehr wie sonst“; bereitgestellt worden sind zusätzlich 60 Busse und 93 Straßenbahn-Wagen. Walter Neumann (76), der zwischen 1970 und 1978 als Evag-Busfahrer arbeitete, erinnert sich: „Es war eine schwierige Situation.“ Die Fahrzeuge waren teils so voll, dass ältere Automatik-Busse kaum die Höhen im Süden hochkamen. „Nicht erst zum Sonntagsfahrverbot hatten viele das Auto stehengelassen. Die Leute wollten ja in den Wochen zuvor auch schon Benzin sparen.“

Manfred Milz, der in Holsterhausen die „Älteste Tankstelle Deutschlands“ betreibt, erinnert sich: „Es waren aufgeregte Zeiten damals. Alle waren nervös.“ Was er am Fahrverbots-Sonntag gemacht hat? „Geschlossen hatten wir. Wie immer.“ Das ist heute noch so.

Wie wird Mobilität in der Stadt der Zukunft aussehen?

Mobil in der Stadt – Autofrei in die Zukunft? Eine Fishbowl-Diskussion dazu beginnt am kommenden Freitag, 29. November. Bei steigenden Benzinpreisen und wachsendem Umweltbewusstseins nutzen immer mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel, das Fahrrad und Car-Sharing-
Angebote.

Welche Folgen hat dies für die Stadt der Zukunft? Welche Rolle spielen dabei neue Medien und Technologien? Darüber diskutieren mit dem Publikum: Prof. J. Alexander Schmidt, Universität Duisburg-Essen, Institut für Stadtplanung und Städtebau; Martin Randelhoff, TU Dresden, Herausgeber und Gründer des Blogs „Zukunft Mobilität“; Guido Mußmann, Verkehrsexperte ADAC Nordrhein e.V.; Dr. Klaus Vorgang, Vorstand Verkehrsverbund Rhein-Ruhr.

Diskussion am Freitag, 29. November, von 18.30 bis 20.30 Uhr in der Philharmonie (Huyssenallee 53). Der Eintritt ist frei.

Auf der A40, die damals noch B1 heißt, will die Rockband „Odyssee“ ein Konzert geben, um zu demonstrieren, „dass Straßen nicht nur was für Autos sind“. Die Polizei schreitet ein. Man einigt sich: Das Konzert darf stattfinden – aber neben der Autobahnauffahrt, an der Wächtlerstraße, im Südostviertel, nicht weit vom Wasserturm Steeler Straße.

Blitzeis nach dem Fahrverbot

Die Mineralöl-Firmen gaben an manche Tankstellen nur noch begrenzte Kontingente ab. In Kupferdreh entließ ein Hersteller von Petroleum-Kohleanzündern 30 Leute – die Produktion war komplett zum Erliegen gekommen. Mehrere Schulbusunternehmen stellten ihre Fahrten ein; viele Kinder kamen nicht zum Unterricht.

Die Polizei kontrollierte das Fahrverbot relativ streng – „zu streng“, wie später manche monieren. Die Industrie- und Handelskammer sowie Berufsverbände hatten Ausnahmegenehmigungen erteilt. Auch Schwerbehinderte durften fahren. Eine Stunde nach dem Ende des ersten Fahrverbot-Tages gab es übrigens sofort viele Unfälle im Stadtgebiet: Nicht, dass die Essener in 24 Stunden das Fahren verlernt hatten. Nein, es gab Blitz-Eis.