Essen. Die Sozialverwaltung soll bei der Suche nach Standorten für neue Asylheime mehr auf die soziale Balance zwischen den Stadtteilen achten. Darauf drängt eine Mehrheit in der Politik vor der Sitzung des Sozialausschusses am Dienstag. In den Fokus rückt deshalb ein Standort im wohlhabenden Bredeney.
Menschen aus Südosteuropa, aus Tschetschenien, Syrien und anderen Ländern, die in diesen Tagen vermehrt um Asyl bitten, sollen nach dem Willen der Politik nicht nur im Norden der Stadt untergebracht werden. Bei der Auswahl von Standorten für neue Unterkünfte soll die Sozialverwaltung deshalb darauf achten, dass die soziale Ausgewogenheit zwischen den Stadtteilen eingehalten wird.
Grüne, Linke und die SPD ergriffen gestern die Initiative für einen entsprechenden Antrag für die heutige Sitzung des Sozialausschusses, dem sich auch die CDU anschließen sollte. Die Abstimmungsgespräche dauerten bis zum Abend an. Unabhängig von ihrem Ausgang darf als sicher gelten, dass Sozialdezernent für seine Standort-Vorschläge keine Mehrheit finden wird.
Sanierung unwirtschaftlich
Wie berichtet, will Renzel drei ehemalige Schulgebäude im Nordviertel, in Stoppenberg und in Altendorf als vorübergehende Asylunterkünfte nutzen; die Gebäude könnten für insgesamt 1,5 Millionen Euro binnen weniger Wochen für diesen Zweck umgebaut werden. Insbesondere die Altendorfer Markscheideschule wird in der Politik allerdings kritisch gesehen. Die Sorge gelte der sozialen Balance im Stadtteil, heißt es. Jüngst war der Allbau gegen Renzels Vorschlag Sturm gelaufen. Die städtische Wohnungsgesellschaft fürchtet um die Früchte eines erfolgreichen Stadtumbaus.
Als Alternative brachten die Grünen gestern einen Standort in Bredeney ins Spiel: das ehemalige Schulgebäude an der Einigkeitstraße. Die Immobilie wurde bis zum Jahr 2005 als Unterkunft für Aussiedler genutzt und müsste nach Angaben der Sozialverwaltung für eine Million Euro von Grund auf saniert werden. Die Verwaltung stuft diesen finanziellen Aufwand als unwirtschaftlich ein. Zum Vergleich: Der Umbau der Markscheideschule schlüge mit 700.000 Euro zu Buche.
Mehr Privatsphäre in Wohnungen oder Containern
„Die Verwaltung sagt, es wird teurer und es dauert länger“, so Ratsfrau Christine Müller-Hechfellner (Grüne). Ihre Fraktion denkt über den bevorstehenden Winter bereits hinaus. Ab dem kommenden Jahr könnte die alte Schule an der Einigkeitstraße die Stadt in ihrer Pflicht, Asylsuchenden eine Unterkunft zu bieten, sehr wohl entlasten.
Dass dennoch kurzfristig für 150 Menschen Platz geschaffen werden muss, ist auch in der Politik unstrittig. Die Stadt soll deshalb für Asylsuchende Wohnungen anmieten. Die Linksfraktion könnte sich auch damit anfreunden, sollte die Stadt Container aufstellen, um die Menschen unterzubringen. Diese böten mehr Privatsphäre in ehemaligen Schulgebäude. Alles sei besser als die von Renzel angedachte Notlösung: eine Unterbringung in Turnhallen.