Essen. Die steigenden Flüchtlingszahlen bringen die Stadt Essen in Zugzwang. Schon jetzt sind 1000 Asylbewerber hier, bis Weihnachten werden 150 weitere Plätze gebraucht. Nun denkt der Sozialdezernent darüber nach, Flüchtlinge in Turnhallen unterzubringen.

Die Unterbringung von Asylbewerbern in Turnhallen wird sich angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen wohl nicht mehr abwenden lassen. Die Verwaltung prüft bereits, welche Halle möglichst rasch hergerichtet werden könnte – so einfach wie im Katastrophenfall. Schon wirft die Linke-Ratsfraktion Sozialdezernent Peter Renzel vor, er drohe mit einer „menschenunwürdigen Unterbringung“.

Renzel widerspricht: „Ich zeige nur ein Risiko auf“. Im September sei man davon ausgegangen, dass bis Jahresende 1000 Asylbewerber nach Essen kommen. „Nun sind es 1038, und der Zustrom hält an. Bis Weihnachten brauchen wir weitere 150 Plätze.“ Selbst in der im Oktober eröffneten Unterkunft in Frintrop gebe es nur noch 50 Plätze.

 Drei weitere Schulgebäude zu Behelfsheimen umgestalten

Der Dezernent ist überzeugt, dass sich kurzfristig nur Abhilfe schaffen lasse, indem drei weitere Schulgebäude zu Behelfsheimen umgestaltet werden: Die Nikolausschule an der Schwanhildenstraße in Stop­penberg, die Markscheideschule in Altendorf und die Tiegelschule im Nordviertel. „So könnten wir auch die Standards einer wohnungsähnlichen Unterbringung erhalten.“ Doch habe der Rat die Entscheidung dazu auf den 28. November verschoben.

Renzel rechnet vor, dass man an der Schwanhildenstraße in acht Wochen 50 neue Plätze schaffen könnte; durch die Verschiebung habe man drei Wochen verloren. Daher müsse er nun über die ungeliebte Hallen-Lösung nachdenken, obwohl er vor zwei Monaten gesagt hatte: „Plätze in Turnhallen und Zelten wird es nie wieder geben.“

Langfristig brauche Essen drei neue, dauerhafte Asylheime, dafür müsse man mit einer Bauzeit von mindestens 12 Monaten rechnen. Erschwert werde die Lage durch den prompten Protest an jedem denkbaren Standort: Erst Dienstag hatte die Allbau AG eine Nutzung der Markscheideschule kritisiert, weil so die Aufwertung Altendorfs gefährdet werde (wir berichteten).

40 Unterkünfte seien bis 2007 weggefallen

Den Vorwurf, bestehende Einrichtungen zu schnell aufgegeben zu haben, weist Renzel nicht rundweg zurück: 40 Unterkünfte seien bis 2007 weggefallen. „In den 90er Jahren mussten wir 4500 Asylbewerber unterbringen, solche Kapazitäten kann man einfach nicht ewig vorhalten! Aus heutiger Sicht muss man aber sagen, dass da zu viel niedergelegt worden ist.“

Als Lichtblick betrachtet Renzel die Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch die European Home Care in den neuen Unterkünften in Frintrop und Kupferdreh: „Das nutzt nicht nur den Flüchtlingen, die einen Ansprechpartner haben, es befriedet auch das Umfeld.“ Derzeit spreche man mit Caritas und Diakonie, um auch die Dauereinrichtungen intensiver zu betreuen. Für das Sicherheitsgefühl sorgen dort schon die Streifen der städtischen Servicegesellschaft RGE.