Essen. Wie viele Menschen in den nächsten Wochen und Monaten in Essen ankommen werden, weiß niemand genau. Sozialdezernent Peter Renzel fordert daher, das Asylverfahren zu ändern: Flüchtlinge vom Balkan ohne Chance auf Anerkennung sollten in Landes-Aufnahmestellen bleiben. Denn, „der Grundstock derer, die nicht ausreisen, wird immer größer.“

Auch wenn die derzeitigen Flüchtlingsströme letztlich immer in einer Kommune enden – aus Sicht der Städte sind sie bislang denkbar unübersichtlich. Wie viele Menschen in den nächsten Wochen und Monaten in Essen ankommen werden, weiß niemand genau. So sind die Prognosen ein Mix aus Kaffeesatzleserei und Erfahrung der vergangenen Jahre, sagt Sozialdezernent Peter Renzel. Mit einer „tendenziellen Zunahme“ aus den Krisenregionen Afrikas sei zu rechnen und es werden verstärkt Kontingentflüchtlinge mit besonderem Schutzbedarf wie die 1060 Syrer, die nach NRW kommen sollen, aufgenommen, schätzt der städtische Beigeordnete, der eines aber genau weiß: „Der Grundstock derer, die nicht ausreisen, wird immer größer.“

Die Winterwanderung aus den Ländern Serbien und Mazedonien sei auf „mindestens gleich hohem Niveau“ wie in den vergangenen Jahren. Jedoch reisten immer weniger Menschen vom Balkan wieder aus, selbst wenn ihr Asylantrag abgelehnt sei. Deshalb fordert Renzel, Asylbewerber, die faktisch keine Chance auf Anerkennung haben, in den zentralen Aufnahmestellen des Landes zu versorgen und nur die Flüchtlinge, die aus Kriegs- und Krisengebieten kommen und Aussicht auf ein Bleiberecht und damit Integration haben, an die Kommunen weiterzuleiten. Für diese Praxis, die Renzel für „eine gute Idee“ hält, sei es jedoch zwingend, das Asylverfahrensgesetz zu ändern.

Kommune hat das Nachsehen

Dafür sei aber nicht die Kommune zuständig, die inzwischen oft das Nachsehen habe, wie Brigitte Keil vom Sozialamt sagt. Ausreisepflichtige Asylbewerber brächten regelmäßig Hemmnisse vor, die eine Abschiebung hinauszögern sollen. Bis etwa eine angegebene Krankheit sorgfältig begutachtet ist, „können Monate vergehen“. Zudem wüssten die Rechtsanwälte der Asylbewerber genau Bescheid über die Termine der so genannten „Sammler“. Das sind die Flüge, die die Landesregierung für eine Ausreise der Menschen in ihre Heimatländer bucht. Wenn die Passagiere am Abreisetag nicht anzutreffen sind, vergehen oft Monate, bis das Land die nächste Maschine chartert. Der letzte „Sammler“ machte sich im September auf zum Balkan, der nächste folgt in diesem Monat.

Viele der Plätze, die die Essener Ausländerbehörde gebucht hat, dürften dann wieder frei bleiben. „Die Familien tauschen ihre Kinder untereinander aus“, sagt Keil, „dann können wir nicht abschieben.“